Eine Milliarde für die Mieter?
Drehen an der Steuerschraube: Wie die SPÖ die Mieten um rund zehn Prozent billiger machen will. Und was das den Finanzminister kosten würde.
Keine Mehrwertsteuer mehr auf Mieten: Dies fordert die SPÖ, und sie will ihrer Forderung noch in dieser Woche mit einem Dringlichen Antrag im Nationalrat Nachdruck verleihen. Das kündigte Jörg Leichtfried, Vizeklubchef der SPÖ im Parlament, am Montag an. Denn die Mietpreise seien in den letzten Jahren stets stärker als die durchschnittliche Inflation gewachsen. Seit 1998 seien die Mieten um 80 Prozent gestiegen, die Inflationsrate betrug im gleichen Zeitraum nur die Hälfte (41 Prozent), argumentiert die SPÖ.
Wohnungsmieten werden derzeit mit zehn Prozent Mehrwertsteuer belastet. Eine Abschaffung der Mehrwertsteuer würde die Mieten annähernd in gleicher Größenordnung billiger machen, rechnet der Präsident der roten Mietervereinigung, Georg Niedermühlbichler, im Gespräch mit den SN vor. Die Gefahr, dass die Ersparnis gar nicht bei den Mietern ankommen würde, weil die Vermieter den frei werdenden Differenzbetrag einbehalten könnten, sieht der SPÖ-Mietexperte nicht. Bei bestehenden Verträgen sei dies ohnehin unmöglich; im geförderten Bereich, bei Sozial- und Genossenschaftswohnungen sei diese Gefahr ebenfalls „nicht gegeben“. Und bei Privatvermietungen müsse es eben zu einer Deckelung kommen, sagt Niedermühlbichler.
Warum die SPÖ ihre Forderung nicht in all den Jahren durchgesetzt habe, als sie in der Regierung saß? Auch darauf weiß Niedermühlbichler, der einst als Bundesgeschäftsführer die SPÖ managte, eine Antwort: „Mit der ÖVP als Koalitionspartner war das leider nicht möglich.“Entsprechend gering schätzt er die Chancen ein, dass der Dringliche Antrag auf Mehrwertsteuerabschaffung eine Mehrheit erhält. „Wir müssen wohl auf eine neue Regierung hoffen“, sagt er.
Fest stehe jedenfalls, dass die Mehrwertsteuer auf Mieten eine der unsozialsten Steuern überhaupt sei: Denn erstens belaste jede Umsatzsteuer Niedrigverdiener mit dem gleichen Steuersatz wie Spitzenverdiener; und zweitens müssten Niedrigverdiener einen größeren Anteil ihres Einkommens für die Wohnungsmiete aufwenden, was deren individuelle Belastung durch die Mehrwertsteuer zusätzlich erhöhe.
Kostendämpfungen erhofft sich der rote Mietexperte auch durch eine Begrenzung der Grundstückskosten, wie sie seit Neuestem das Land Wien versucht. Wenn es hier zu Umwidmungen in Bauland kommt, müssen nun zwei Drittel der geplanten Wohnfläche für den geförderten Wohnbau zur Verfügung gestellt werden. Dafür wird eine neue Widmungskategorie namens „Geförderter Wohnbau“eingeführt.
Auch die Stadt Salzburg drückt auf die Kostenbremse. Die hiesigen Raumordnungsverträge sehen vor, dass auf 25 Prozent frei finanziertes Eigentum 75 Prozent geförderter Mietwohnbau kommen. „Salzburg war hier Vorreiter“, bestätigt Niedermühlbichler.
Was sich der rote Mieterschützer noch wünscht: eine Streichung des Lagezuschlags; und einen „klaren Katalog mit allen erlaubten Zu- und Abschlägen“. Diese würden derzeit in den Mietverträgen nicht konkret ausgewiesen, was überhöhten Mieten Tür und Tor öffne, warnt er.
Die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Wohnungsmieten würde laut SPÖ den Finanzminister rund eine Milliarde Euro pro Jahr kosten.
„Mit der ÖVP war das leider nicht möglich.“G. Niedermühlbichler, Mietervereinigung