Der 33. Mord an einer Frau
Ein 16-jähriges Mädchen soll in Steyr von seinem Freund (17) getötet worden sein. Die Tatwaffe könnte ein Messer gewesen sein.
Die Fahndung der Polizei in Oberösterreich läuft auf Hochtouren. Gesucht wird der 17-jährige Asylbewerber Saber A. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe gab es noch kein Ergebnis. Der junge Mann steht unter Mordverdacht. Das Opfer: ein 16-jähriges Mädchen aus der oberösterreichischen Stadt Steyr.
Ereignet hatte sich die Tat am Sonntagabend in der Wohnung der Mutter des Mädchens, die sich im Stadtteil Münichholz befindet. Die 16-Jährige, die eine Lehre in einem Lebensmittelmarkt absolviert, und der Afghane hatten eine On-off-Beziehung. Das Mädchen und der Bursche waren ab August 2017 ein Paar, hatten sich im Oktober 2018 zwischenzeitlich getrennt, aber zuletzt wieder Zeit miteinander verbracht.
Am Sonntag war der Bursch bei dem Mädchen zu Besuch. Die beiden hielten sich im Zimmer der 16Jährigen auf. Als die Mutter und die ältere Schwester gegen 23 Uhr das Zimmer der 16-Jährigen betreten wollten, war die Tür mit einem Kasten verbarrikadiert. Als sie es schließlich in das Zimmer schafften, fanden sie die 16-Jährige, die regungslos am Boden lag. Auf den ersten Blick sei nur Blut im Mundwinkel des Mädchens zu sehen gewesen, schildert der Sprecher der Staatsanwaltschaft Steyr, Andreas Pechatschek. Dann seien die beiden Messerstiche im Rücken entdeckt worden. Die Obduktion ergab, dass das Mädchen an einem Stich in die Lunge gestorben war. Der junge Afghane dürfte durch das Fenster geflohen sein. Das genaue Motiv der Bluttat ist nicht bekannt.
Das 16-jährige Mädchen war bereits die 33. Frau, die dieses Jahr in Österreich getötet wurde, berichtet Maria Rösslhumer von den Autonomen Österreichischen Frauenhäusern (AÖF). Österreich nimmt damit einen traurigen Spitzenplatz in Europa ein. Durchschnittlich gibt es etwa alle zehn Tage ein totes weibliches Gewaltopfer. Dies ist eine der höchsten Quoten in Europa. Rösslhumer sagte, sie sei schockiert und entsetzt über das hohe Ausmaß der Gewalt an Frauen und Mädchen. „Es ist schon gravierend, was sich jetzt abspielt“, sagt sie. Rösslhumer forderte, die Täter verstärkt zur Verantwortung zu ziehen – auch schon im Vorfeld. „Viele Morde kündigen sich an“, betonte sie.
Insgesamt sprach Rösslhumer von einer Zunahme solcher Taten in den vergangenen Jahren. 2017 war die Zahl bereits ähnlich hoch: Im gesamten Vorjahr wurden nach Angaben des Bundeskriminalamts 77 Frauen Opfer von Mord oder Mordversuch, 34 davon wurden getötet. Auch andere Zahlen belegen, dass Österreich für Frauen ein gefährliches Pflaster ist. Bereits vor einigen Wochen wurde eine Studie des Europäischen Statistikamts (Eurostat) bekannt. Demnach gab es nur in Norwegen (14 von 25) und in unserem Nachbarland Slowenien (neun von 17) mehr weibliche als männliche Mordopfer. Die Statistiker hatten dafür die Daten von 34 Ländern aus dem Jahr 2015 verglichen.
Die Bluttat in Steyr zeigt aber einen weiteren, besorgniserregenden Trend. Immer öfter wird das Messer bei Gewaltverbrechen verwendet. Im Jahr 2008 gab es laut Kriminalstatistik 272 Verbrechen mit Hiebund Stichwaffen. Im Jahr 2017 waren es 1056. Wobei mehr als die Hälfte dieser Taten von Nichtösterreichern begangen werden. Für den Sprecher des Bundeskriminalamts, Vincenz Kriegs-Au, gibt es mehrere Gründe, warum Hieb- und Stichwaffen immer öfter bei Gewaltverbrechen eingesetzt werden. Zum einen seien diese überall verfügbar. „Ein scharfes Küchenmesser hat jeder zu Hause“, sagt er. Zum anderen gebe es viele Communitys in Österreich, bei denen es zum guten Ton gehöre, ein Messer mit sich zu führen. Wenn es zu einem Streit komme, werde dies dann auch leicht eingesetzt.
Dies hat sich auch in den vergangenen Wochen des Öfteren gezeigt. So soll in Innsbruck ein afghanischer Asylbewerber einen Vorarlberger auf der sogenannten Bogenmeile hundert Meter verfolgt und dann von hinten in den Hals gestochen haben. Die Polizei vermutet, dass es vorher zu einem Streit um ein Drogengeschäft gekommen ist. Wenige Tage später hatte ein Deutscher in der Steiermark einen Mann niedergestochen, weil sie beim Verkauf eines Gebrauchtwagens in Streit geraten waren.