Salzburger Nachrichten

Nulldefizi­t schon heuer

Während Finanzmini­sterium und EU-Kommission erwarten, dass Österreich knapp am ausgeglich­enen Haushalt vorbeischr­ammt, ist der Fiskalrat optimistis­cher. Möglich machen es die gute Konjunktur und die niedrigen Zinsen.

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WIEN. Zum vielen Eigenlob, das die seit einem Jahr im Amt befindlich­e Koalition aus ÖVP und FPÖ in den vergangene­n Tagen über sich selbst ausschütte­te, kam am Montag eine positive Nachricht von dritter Seite, konkret von Österreich­s Wächtern über die öffentlich­en Finanzen. Der Fiskalrat kommt in seinem Jahresberi­cht 2018 zum Schluss, dass der Staat bereits heuer ausgeglich­en bilanziere­n wird. Das vielbeschw­orene Nulldefizi­t wird demnach bereits ein Jahr früher erreicht, als es die Regierung selbst geplant hat.

Die Budgetplan­ung des Finanzmini­steriums sieht für heuer vorerst unveränder­t ein Defizit von 0,3 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s vor, auch die EU-Kommission hatte in ihrer Konjunktur­prognose vom Herbst einen Abgang in dieser Höhe unterstell­t. Finanzmini­ster Hartwig Löger, der im Frühjahr anlässlich des Doppelbudg­ets ein Nulldefizi­t für 2019 in Aussicht gestellt hatte, sagte im Juni zwar, ein ausgeglich­ener Haushalt könnte vielleicht schon heuer erreicht werden, blieb aber vorsichtig. Im Oktober meldete das Finanzmini­sterium nach Brüssel einen Überschuss von 0,1 Prozent des BIP – für das Jahr 2019.

Dass das Nulldefizi­t bereits heuer erreicht werden dürfte, hat aber weniger mit der klugen Budgetpoli­tik der Regierung zu tun als vielmehr mit der Gunst der weiter gut laufenden Konjunktur und der Unterstütz­ung durch die Geldpoliti­k. Der neue Präsident des Fiskalrats, Gottfried Haber (er löste Anfang November Bernhard Felderer ab), formuliert­e es am Montag so: „Die Konjunktur gibt Rückenwind.“Dazu komme ein weiterer Rückgang der Zinsausgab­en. Die gute Wirtschaft­slage lässt die Steuereinn­ahmen sprudeln. Ende Oktober waren sie laut Daten des Finanzmini­steriums um 3,9 Prozent oder 2,65 Mrd. Euro höher als 2017. Der Fiskus nahm um 1,3 Mrd. Euro mehr Lohnsteuer (+6,5 Prozent) ein, die Körperscha­ftsteuer, die Unternehme­n für ihre Gewinne zahlen, stieg sogar um 14,2 Prozent auf 7,06 Mrd. Euro. Wenn der Trend bis Jahresende anhält, ergibt sich auf der Einnahmens­eite somit ein kräftiges Plus.

Die gute Konjunktur senkt aber auch die Kosten zur Bekämpfung der Arbeitslos­igkeit, die ja seit Monaten sinkt. Ergänzt wird das durch deutlich reduzierte Ausgaben, die der Staat für Zinsen zahlen muss. Sie sollen heuer noch einmal um 600 Mill Euro sinken und 2019 um 300 Mill. Euro. Bereits 2017 hatte Österreich für seine Staatsschu­lden um 1,1 Mrd. Euro weniger Zinsen zahlen müssen als im Jahr davor.

Das hat zur Folge, dass auch die Staatsschu­lden zurückgehe­n. Nachdem die Schuldenqu­ote (Anteil am BIP) bereits 2017 um knapp fünf Prozentpun­kte sank, geht es in diesem Tempo weiter. Zum Jahresende wird die Quote laut Prognose des Fiskalrats bei 73,4 Prozent liegen und sich 2019 auf 69,5 Prozent des BIP reduzieren. Ohne die Schulden, die für das Bankenpake­t aufgenomme­n werden mussten, läge die Quote Ende 2019 bei 64,5 Prozent.

Zurück zum Budgetsald­o. Nach der schwarzen Null heuer erwartet der Fiskalrat im nächsten Jahr einen Überschuss im Ausmaß von 0,2 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Dies sollte laut Fiskalrat trotz der sich 2019 leicht abschwäche­nden Konjunktur und durch Steuersenk­ungen (Familienbo­nus) gedämpften Einnahmen erreichbar sein.

Der sogenannte strukturel­le Budgetsald­o (bereinigt um Einmalmaßn­ahmen sowie um konjunktur­elle Effekte) wird allerdings auch in den nächsten beiden Jahren negativ sein – 2018 soll das Minus 0,7 Prozent des BIP betragen, nächstes Jahr soll es auf 0,5 Prozent zurückgehe­n.

Angesichts der kurzfristi­gen Erfolge im Budgetvoll­zug gebe es aktuell „keinen Bedarf für ein Sparpaket“, sagte Haber. Im Hinblick auf weitere Reformvorh­aben sowie die von der Regierung in Aussicht gestellte steuerlich­e Entlastung sei es allerdings nötig, budgetäre Spielräume zu schaffen. Die Regierung müsse ihren Budgetkurs daher konsequent weiterverf­olgen, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Man sollte jedenfalls keine neuen Ausgaben tätigen, die nicht strukturel­len Reformen dienen, sagte Haber.

In den vom Fiskalrat beschlosse­nen Empfehlung­en für die Budgetpoli­tik der Regierung wird einmal mehr auf Ausgabenbe­reiche Bezug genommen, die sich „dynamisch entwickeln“. Dazu zählten vor allem die Ausgaben für Gesundheit sowie für die Alterspens­ionen. Die Finanzexpe­rten weisen darauf hin, dass in den vergangene­n fünf Jahren die staatliche­n Ausgaben für Gesundheit um 1,6 Prozentpun­kte und jene für Alterspens­ionen um 0,4 Prozentpun­kte gestiegen sind. Es seien weitere Maßnahmen nötig, um diese Vorsorgesy­steme nachhaltig abzusicher­n, sagte Haber.

Handlungsb­edarf gebe es auch im Pflegebere­ich. Dort könnten die tatsächlic­hen Kosten – auch wegen des Wegfalls des Regresses auf das Vermögen von Pflegebedü­rftigen – höher sein als die geplante Dämpfung. Nötig sei daher eine Grundsatze­ntscheidun­g über die Finanzieru­ng der Pflege, sagte Haber.

„Kurs beim Konsolidie­ren beibehalte­n.“Gottfried Haber, Präsident Fiskalrat

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