Strategien gegen US-Stahlzölle
Wie voestalpine-Chef Wolfgang Eder gegen die US-Sanktionen ankämpft. Längerfristig sieht er den Freihandel als Wohlstandsmotor in Gefahr – und drängt auf klare Klimaschutz-Vorgaben.
Als weltweit führender Anbieter von Spezialstählen ist der voestalpine-Konzern den globalen Handelskonflikten unmittelbar ausgesetzt. Und er bekommt auch die aktuellen Handelssanktionen der USA zu spüren. In der direkten Wirkung spricht Konzernchef Wolfgang Eder von einem „überschaubaren Risiko“. Die mit Juni eingeführten Zölle von 25 Prozent auf Stahl beträfen ein Drittel des US-Umsatzes von 1,3 Mrd. Euro. Mit 420 bis 430 Millionen Euro gehe es um rund drei Prozent des gesamten Konzernumsatzes. Im Halbjahresergebnis habe dieser Konflikt mit weniger als 15 Millionen Euro zu Buche geschlagen, ein Großteil entfiel auf Anwalts- und LobbyingKosten sowie auf den damit verbundenen administrativen Aufwand.
Grundsätzlich sieht Eder drei Möglichkeiten, mit diesem Risiko umzugehen. Einen Produktionsstandort habe man bereits aus den USA nach Mexiko verlagert. Das sei in Maßen ein probates, aber „kein Allheilmittel“, sagt Eder. Das Zweite sei, eine Ausnahme von den Zöllen zu erwirken. Von bisher 5500 eingebrachten Anträgen seien 3000 positiv beschieden worden, nur 350 negativ. Zudem gebe es die Möglichkeit, Kosten auf Kunden abzuwälzen. Mit dem neuen NordamerikaHandelsabkommen USMCA ist Eder generell zufrieden, die Veränderungen zum Vorläufermodell NAFTA seien nicht so groß. Stärker noch als das Geschäft in Nordamerika sieht Eder die Auswirkungen der protektionistischen US-Handelspolitik auf die internationalen Handelsströme insgesamt. Der Konflikt beeinträchtige das über vier Jahrzehnte fein austarierte Welthandelssystem. Die Folge? „Der globale Handel insgesamt wird teurer“, sagt Eder im Klub der Wirtschaftspublizisten. Eine Gefährdung des freien Handels in seiner aktuellen Form stelle auch eine Bedrohung für Fortschritt und Wohlstand dar. Die Zukunft müsse in einer barrierefreien Weltwirtschaft auf Augenhöhe liegen, ist Eder überzeugt. „Eine Rückkehr zum Merkantilismus des 17. und 18. Jahrhunderts ist keine Lösung“.
Für die Stahlindustrie gebe es Umlenkungseffekte zulasten Europas. 4,8 Millionen Tonnen Stahl fehlten, die Rohstahlproduktion sei gegenüber 2017 um 0,4 Prozent zurückgegangen, während die Eigenproduktion in den USA um 5,1 Prozent zugelegt habe.
Der voestalpine-Chef bricht eine Lanze für Europa. „Die EU macht sich oft kleiner und schwächer, als sie ist.“Als führender Wirtschaftsraum etwa für Autos, Industrie, Biotech oder Pharma könnte die EU im internationalen Wettbewerb selbstbewusster auftreten. Am Standort Großbritannien will er auch im Falle eines „Hard Brexit“festhalten.
Die Signale von der Weltklimakonferenz im polnischen Katowice wertet Eder als „erstaunlich positiv“. Die Verhandler seien bemüht, die Klimaziele von Paris umzusetzen. Die Absicht von US-Präsident Donald Trump, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen, relativiere sich durch die Tatsache, dass die US-Umweltpolitik de facto Ländersache sei – und zahlreiche USBundesstaaten sehr wohl das Pariser Abkommen einhalten wollten.
Europa könne mit zehn Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes die Welt nicht retten. Entscheidend seien klare Rahmenbedingungen. voestalpine ist für rund die Hälfte der industriellen CO 2-Emissionen in Österreich verantwortlich. In 25 Jahren wurden die Staubemissionen um 95 Prozent reduziert, der CO2-Ausstoß um 22 Prozent. Der Konzern experimentiert auch mit alternativen Energien: Im Frühling geht in Linz eine Pilotanlage in Betrieb, die einen Teil der fossilen Energieträger durch Wasserstoff ersetzen soll. Eine kleine Versuchsanlage – aber die größte weltweit.
„Europa macht sich kleiner, als es ist.“Wolfgang Eder, voestalpine-Chef