„Heute steht keiner mehr an der Bar“
Vor 16 Jahren ging auf der Saslong Hannes Reichelts Stern auf. Vor dem heutigen Super G erzählt er, was sich im Skisport verändert hat.
Super G, Saslong und Hannes Reichelt – da war doch was? Genau. Fast auf den Tag genau vor 16 Jahren fuhr Reichelt (in seinem erst zweiten Weltcuprennen) hier auf Rang zwei, es war sein erstes Podest. Das wäre auch ein Ziel des mit 38 Jahren und sechs Monaten ältesten Fahrers im Weltcup beim heutigen Super G auf der Saslong (12 Uhr).
16 Jahre Weltcup, was hat sich da alles geändert? „Vieles. Damals waren der ÖSV und Atomic in den Speedbewerben eine Macht, daran bist du nicht vorbeigekommen.“Das sei heute anders geworden. „Die Dichte im Abfahrtssport ist unglaublich.“Das beweist auch ein Blick auf die Statistik: Unter den Top 20 in der Abfahrt finden sich Fahrer aus acht Ländern und auf nicht weniger als sechs Skimarken. „Das zeigt, wie eng es dort zugeht, und auch, wie professionell alles im Skisport geworden ist.“Was natürlich auch Folgen hat: „An der Bar steht heute keiner mehr, das war zu meiner Anfangszeit noch anders.“ Stattdessen tüftle jeder an der Linie, „um diese ein, zwei Prozent zu finden, die den Unterschied ausmachen“.
Ob der Skisport internationaler geworden sei, das ist auch eine oft diskutierte Frage. Was sagt Reichelt dazu? „Wenn ich mir ansehe, welche internationalen Ehrungen Hir- Michael Smejkal berichtet für die SN aus St. Christina scher, Vonn oder Shiffrin erhalten haben, dann ist das schon beeindruckend und geht weit über den Skisport hinaus. Aber im Grunde werde ich im Alpenraum erkannt, in Nürnberg kennt mich keiner mehr.“
So kommt der Athletensprecher Reichelt auch gleich auf sein Lieblingsthema: die Vermarktung des Weltcups. „Im Grunde ist es ganz einfach: Wenn eine Abfahrt wie ein Golfturnier mit einer Million Dollar dotiert ist, schauen automatisch viel mehr zu.“Selbst das Preisgeld in Kitzbühel (550.000 Euro) findet er vergleichsweise gering, „wenn ich mir ansehe, was da allein für die Streckenpacht gezahlt wird. Ich haue mich in Kitzbühel nicht für 70.000 Euro Preisgeld, sondern für die 50.000 Fans den Berg hinunter.“
Als Athletensprecher ist er auch mit Sicherheitsfragen konfrontiert und da muss er zugeben, dass er da gegen Wände läuft. „Weil jeder Verband und jeder Läufer auf seinen noch so kleinen Vorteil hofft.“Wie aktuell beim Rennanzug: „Da liegen die Vorschläge auf dem Tisch, von der Dicke des Stoffs bis zu den Protektoren. Aber jeder setzt auf seinen eigenen Rennanzug.“
Die neuen Rennanzüge wird er als Athlet nicht mehr erleben – oder doch? „Meine Frau Larissa sagt immer: Fahr, so lang es dir Spaß macht.“Und die Rennen in den USA hätten ihm heuer noch mächtig Spaß gemacht …