Die ÖVP muss aus Eigennutz den ORF vor der FPÖ schützen
Infolge der Facebook-Stärke des Regierungspartners kann die Volkspartei keine öffentlich-rechtliche Schwächung wollen.
Der Stiftungsrat des ORF hat dessen Budget für 2019 abgesegnet. Das klingt unspektakulär, ist aber brisant. Denn hinter der Milliarde Umsatz des größten österreichischen Medienhauses verbergen sich neben grundsätzlich politischem Tauziehen Tausende persönliche Schicksale. Hunderte davon sind journalistisch bedingt und parteilich umstritten. Das reicht von der Streichung der Position des Ex-Chefredakteurs Fritz Dittlbacher bis zu seiner Teilnachfolge durch Matthias Schrom. Der eine wird der SPÖ zugeordnet, der andere als FPÖWunsch verortet. Doch diese Einschätzungen sind unmaßgeblich. Beide sind – trotz aller Unterschiedlichkeit – vor allem Journalisten.
Diese Diskussion über Personen lenkt ab vom wahren Problem: Die Politik akzeptiert Medien, aber sie schätzt Kritik und Korrektur durch sie nicht wirklich. Deshalb konzentriert sie sich auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Im Gegensatz zu privatwirtschaftlich organisierten Medien hat sie dort nahezu direkten Eingriff – über den Stiftungsrat des ORF, dessen 35 Mitglieder fast durchwegs parteilich zuzuordnen sind. Also ist ihre mehrheitliche Zustimmung nicht als Entwarnung für das Haus zu verstehen, sondern lediglich als Waffenruhe nach einem Etappensieg. Dass lediglich die fünf vom Betriebsrat entsandten Stiftungsräte gegen den Finanzplan gestimmt haben, ist ein Indiz dafür.
Noch deutlicher wurde einen Monat zuvor der Redakteursausschuss: „Dem ORF droht derzeit die größte existenzielle Krise seit seinem Bestehen. Wir befürchten die absichtliche Zerstörung des öffentlich-rechtlichen Senders – über einen wirtschaftlichen und politischen Zangenangriff.“Diese Sorge ist berechtigt, wenn der Vorsitzende des Stiftungsrats jener Regierungspartei angehört, die unverhohlen an der Demontage des Mediums arbeitet, das aufgrund seiner Größe das stärkste Korrektiv für politische Propaganda sein kann – und dies oft noch ist. Doch Ex-Vizekanzler Norbert Steger ist nur eine mitunter skurril wirkende formale Bedrohung. Weit gefährlicher ist das von Vizekanzler Heinz-Christian Strache abwärts anhaltende Trommelfeuer aus nahezu allen Reihen über sämtliche Kanäle der FPÖ. Sie hat via Social Media eine Gegenöffentlichkeit aufgebaut, von der ihr Regierungspartner wie die Oppositionsparteien nur träumen können.
Ausgerechnet in der blauen Übermacht von Facebook bis YouTube liegt aber ein Hoffnungsschimmer für den ORF. Der ÖVP kann an einer öffentlich-rechtlichen Schwächung so lange nichts gelegen sein, wie sie über kein stärkeres eigenes Medium verfügt. Das gilt in den schwarzen Ländern noch mehr als für die türkise Bundespartei. Peter Plaikner