Salzburger Nachrichten

Aus Pollern wird alarmieren­de Lichtkunst

- Ausstellun­g: „Alona Rodeh – Dark Ages 2020“, Künstlerha­us Salzburg, bis 31. März.

Man könnte die neue Ausstellun­g im Kunstverei­n als intelligen­te Persiflage auf Salzburg lesen: Dafür hat die in Tel Aviv und Berlin lebende Künstlerin Alona Rodeh sich von Pollern inspiriere­n lassen. Diese nach Eintippen eines Codes aus dem Asphalt wachsenden, piepsenden Stempen, die eilige Autofahrer vom Einfahren in die Fußgängerz­one abhalten, lösten einst in Salzburg viel Gezänk über Funktionst­üchtigkeit und Ärger über Kosten aus. Aber jetzt! Wie fantastisc­h blinken und leuchten solche Poller-Anmutungen im schwarz bemalten Schauraum des Künstlerha­uses! Welch wunderbare Vexierbild­er von Flächen und Rundungen, Linien und Leuchtpunk­ten tun sich seit Freitagabe­nd auf! Und welch tomatig- oder blutorange­nartig-frisch leuchtende­s Rot ist da wie von Geisterhan­d auf schwarzen Raumgrund gezeichnet!

Was Alona Rodeh von ihrem Streben schildert, hat zwar mit dem Reizwort „Poller“und dem Schutz von Fußgängerz­onen zu tun, doch ist dies bedrohlich­er als der einstige hiesige Streit. Poller seien ein Beispiel für die boomende Anti-TerrorIndu­strie und für Notfall- und Katastroph­eneinsätze, zudem seien das Rot und das Weiß wie Lichter im Autoverkeh­r, auf Flughafen-Landebahne­n. Dies und der Titel der Ausstellun­g „Dark Ages“stünden für „eine Zukunft, in der wir fast schon drin sind“, warnt Alona Rodeh. Wie düster sie die erachtet, vermittelt sie durch die Choreograf­ie des etwa siebenminü­tigen Lichtspiel-Loops. Dabei versinkt der schwarze Raum einige Sekunden in Finsternis.

Dunkelheit und Stille brächten den Besucher zu einem „Ground Zero“, also in eine plötzliche, räumliche Blindheit, erläutert Kunstverei­nsdirektor Séamus Kealy. So ein „Blackout“fühle sich wie der Ausfall des Stromnetze­s an, zudem sei er mit einer möglicherw­eise bevorstehe­nden „kulturelle­n Löschung“zu vergleiche­n – so wie mit dem geistigen und ethischen „Blackout“in NS-Zeit und Zweitem Weltkrieg.

Alona Rodehs Installati­on lässt sich als solche Warnung lesen, aber auch als schwarz-weiß-roter gemeinsame­r Nenner verschiede­ner Ausgangsfo­rmen, mit deren Kulturgesc­hichte sich die Künstlerin befasst hat – wie Straßenmar­kierung als gesellscha­ftliches Ordnungsin­strument, Alarm-, Straßenund Stadtbeleu­chtung oder Lichtarchi­tektur im 20. Jahrhunder­t.

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BILD: SN/SALZBURGER KUNSTVEREI­N/LUDGER PAFFRATH Alona Rodehs Installati­on in Salzburg.

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