Das Kaisersemmerl für 0,00012 Bitcoins
Bei einem Salzburger Adeg-Kaufmann kann man jetzt mit Bitcoin zahlen. Konsumentenschützer freilich stellen der Kryptowährung als alltäglichem Zahlungsmittel ein miserables Zeugnis aus.
NEUMARKT. Frischer Fisch aus dem Wallersee, Fairtrade-Schoko von EZA Fairer Handel aus dem benachbarten Köstendorf und Schmankerl kleiner Anbieter aus der Umgebung: In seinem Adeg-Geschäft in Neumarkt setzt Kaufmann Mario Breitfuß auf Nachhaltigkeit und Regionalität. Dass lokale Produkte bei ihm seit dieser Woche mit Kryptowährungen bezahlt werden können, ist für ihn kein Widerspruch.
„Ich bin absolut überzeugt von der Technologie. Dass Bitcoins zuletzt nur noch negativ in den Schlagzeilen waren, liegt doch nur daran, dass manche Spekulanten damit viel Geld verdienen wollten und zu gierig waren“, sagt er. Immerhin befinden sich die Kryptowährungen, ob Bitcoin, Ethereum oder Litecoin, seit Monaten im freien Fall. Am Freitag war ein Bitcoin etwa 2974 Euro wert. Ende 2017 waren es – zum Höhepunkt des Hypes – noch weit über 17.000 Euro gewesen. Davor hatten die von Hochleistungscomputern generierten – umgangssprachlich nennt man das „im Internet geschürften“– Cyberdevisen dank massiver Nachfrage zeitweise 2000 Prozent zugelegt.
Dass sich Bitcoin & Co. als Zahlungsmittel im Alltag noch nicht durchgesetzt haben, bestätigt auch Breitfuß. „Man kann ja nirgends damit zahlen. Aber wenn keiner anfängt, setzt es sich nie durch. Ich setze daher diesen ersten Schritt.“
Weit kritischer sehen das Konsumentenschützer. Die Arbeiterkammer hat im Jänner die bekanntesten Kryptowährungen einem Praxistest unterzogen – und kommt zu einem vernichtenden Urteil: Kryptowährungen seien hoch spekulativ, für Konsumenten keine seriöse Geldanlage und als alltägliches Zahlungsmittel im Praxistest durchgefallen. Nicht nur, weil österreichweit kaum ein Geschäft die Cyberwährung als Zahlungsmittel akzeptiert. Vor allem hohe Spesen und das vermengt mit Intransparenz ließen den Kunden oft draufzahlen, erklärt AK-Konsumentenschützer Martin Korntheuer.
Wer mit Bitcoin und Co. zahlen wolle, brauche ein E-Wallet, also eine digitale Geldbörse in Form einer Handy-App. Welche Konditionen dort gelten, erfahre man je nach Anbieter dieser Wallets nur auf Englisch und dann nur sehr lückenhaft, kritisiert Korntheuer. Manche verrechneten Spesen rein für die Verwahrung, andere beim Einzahlen oder beim Abheben. Wieviel, das bleibe oft unklar. Auch wer über Automaten oder Bons – die bei der Post, in Trafiken oder Tankstellen angeboten werden – Cybergeld kauft, zahlt schon beim Erwerb Spesen. 4,9 Prozent waren es im Schnitt beim AK-Test, bis zu zehn Prozent seien aber auch verrechnet worden, sagt Korntheuer. Dazu komme, dass meist nicht ersichtlich sei, welcher Kurs beim Ankauf oder Verkauf herangezogen werde oder wann der angepasst werde, allein durch die Umrechnungskurse zahle man damit drauf.
Die AK hat für 400 Euro bei Post, Trafik und Automaten verschiedene Kryptowährungen gekauft und wenig später rückgetauscht, übrig geblieben seien 315,52 Euro. Bezahlen konnte man mit Bitcoins außer in manchen Onlineshops so gut wie nirgends. Selbst in einem Restaurant und einem Geschäft, die als Bitcoin-akzeptierende Stellen aufgelistet waren, hieß es: Wir nehmen das nicht. „Für mich stellt sich da schon die Frage, welchen Mehrwert ich als Kunde habe, wenn ich mit Bitcoin zahle“, meint Korntheuer.
Auch beim Rewe-Konzern – zu dem Adeg neben Billa, Merkur, Bipa und Penny zählt – betont man am Freitag: „Wir akzeptieren keine Bitcoins.“Als selbstständiger AdegKaufmann könne das Breitfuß freilich anders entscheiden. Verkauft werden Bitcoins bei Rewe aber doch, über Umwege. Dass man bei der jüngst angekündigten Ausweitung des „Banking-Angebots“auch den Bitcoin-Händler bitcoinbon als Partner angeführt habe, bedeute, dass man Bitcoin-Käufe wie andere Onlinekäufe bei bestimmten Partnern künftig an der Billa-Kassa zahlen kann.
Bitcoin kaufen kann man seit 2017 auch bei der österreichischen Post. „Für uns ist das ein Produkt, das wir wie viele andere Produkte in allen Filialen und bei allen Postpartnern verkaufen“, erklärt Sprecher David Weichselbaum. Bons zu 50, 100 und 500 Euro bietet man. Wie viele man verkauft habe, will man nicht sagen. Die Nachfrage verhalte sich freilich ähnlich wie der BitcoinKurs. „Sie ist bei Weitem nicht mehr so hoch, wie sie schon einmal war.“
Bei Adeg-Händler Breitfuß haben sich, seit er diese Woche seinen Bitcoin-Start in einem Inserat angekündigt hat, bereits viele Interessierte gemeldet. „Einer hat auch schon mit Bitcoin gezahlt.“Für 350 Euro hat Breitfuß bei einem niederösterreichischen Anbieter einen Terminal gekauft, über den er die Zahlung abwickeln kann – vorerst mit Bitcoin, Litecoin und Dash. Der Kunde brauche nur ein Wallet, der Rest funktioniert über QR-Code. Er als Händler zahle pro Transaktion zwei Cent Provision, bekommt das Geld dann aber in Euro auf sein Konto. Das Semmerl für 0,00012 Bitcoins wanderte allerdings am Freitag doch nicht über den Ladentisch. Der Terminal verweigerte kurzfristig seinen Dienst.
„Die Spesen sind hoch und es fehlt die Transparenz.“