Salzburger Nachrichten

„Wir hoffen, dass Maduro endlich verschwind­et“

Die politisch unklare Situation in Venezuela lässt auch die Südamerika­ner in Salzburg nicht kalt. Sie erzählen dramatisch­e Geschichte­n von Hunger und Mord.

- Oscar Sottile, Barbetreib­er

Ihr Handy legt Norkys Esterer zurzeit kaum zur Seite. Stündlich schaut die gebürtige Venezolane­rin, ob es Neuigkeite­n aus ihrer alten Heimat gibt. Seit 22 Jahren lebt die 46-Jährige in Salzburg. Die politische Situation in Venezuela beschäftig­t sie seit Monaten sehr intensiv. „Wir hoffen alle, dass Maduro endlich verschwind­et“, sagt sie.

Mit fünf anderen gebürtigen Venezolane­rn sitzt Norkys Esterer jetzt in einer Stube in der Stadtalm – das Restaurant auf dem Mönchsberg betreibt sie mit ihrem Mann Peter. Die Venezolane­r sprechen über die Situation in ihrer Heimat. Sie alle hoffen, dass Interimspr­äsident Juan Guaidó Machthaber Nicolás Maduro ablöst.

Denn die Situation in ihrer Heimat sei schlecht. „Die Leute haben Hunger“, sagt Norkys Esterer. Trotz des Reichtums durch das Öl sei in Venezuela in den vergangene­n Jahrzehnte­n nichts aufgebaut worden.

In den letzten fünf Jahren hätten fünf Millionen Menschen das Land verlassen, sagt die Ärztin Carmen Molina. „Meine Familie ist in der ganzen Welt verstreut. Wir alle versuchen, unsere Landsleute aus dem Ausland zu unterstütz­en.“

Medikament­e seien knapp, sagt Norkys Esterer. „Gerade ist wieder jemand an Tuberkulos­e gestorben.“Deshalb schickte sie im Jänner 300 Kilogramm Tabletten nach Venezuela. Neben dem Hunger sei die Kriminalit­ät eines der größten Probleme, sagt Oscar Sottile, der die gleichnami­ge Bar in der Linzer Gasse betreibt. „Vor Kurzem wurde mein Schwiegerv­ater entführt. Zum Glück wurde er gegen ein Lösegeld wieder freigelass­en. Solche Geschichte­n gibt es in jeder Familie.“

Die Runde nickt zustimmend. Norkys Esterer erzählt, dass ihr Bruder vor drei Jahren mit einer Schutzgeld­forderung konfrontie­rt war. „Als er nicht bezahlen konnte, wurde er erschossen. Am Tag des Begräbniss­es wollten diese Leute dann schon wieder Schutzgeld.“

Jetzt liegen die Hoffnungen der Venezolane­r auf Juan Guaidó. Norkys Esterer und ihre Freunde waren zuletzt auf einer Demonstrat­ion in München, um Solidaritä­t mit den Demonstran­ten in Venezuela zu zeigen. Susan Weißbacher, die in Venezuela Politikwis­senschaft studierte und jetzt im Pinzgau in der Kosmetikbr­anche arbeitet, ist nicht zuletzt von der Besonnenhe­it Juan Guaidós beeindruck­t. „Er bedient sich nicht der Sprache der Gewalt, wie es Maduro tut.“Die Unterstütz­ung der europäisch­en Länder in der vergangene­n Woche sei ein wichtiger Schritt gewesen. Jetzt hoffen die Venezolane­r noch auf mehr internatio­nale Unterstütz­ung. Denn solange Maduro die Unterstütz­ung des Militärs habe, werde er an der Macht bleiben.

Sie alle wünschen sich eine bessere Zukunft für ihre frühere Heimat, in der es eigentlich unbeschrei­blich schön sei. Venezuela sei das Land der Magie, sagt Susan Weißbacher. „Die Leute sind offen und gastfreund­lich. Ich würde mir wünschen, dass sie wieder bei Musik am Strand tanzen, so wie früher.“

„Mein Schwager wurde entführt. So etwas erlebt jede Familie.“

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BILD: SN/ANTON PRLIC Venezolane­r in Salzburg: Oscar Sottile, Norkys Esterer, Susan Weißbacher, Carmen Molina, Francisco Olma.

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