Der Wächter im Haus
Was tun bei Gewalt gegen Ehefrauen? Wie viel Gewalt darf man(n) seiner Frau gegenüber anwenden? Klare Antwort: Absolut keine. Erst 1976 eröffnete in Berlin das erste Frauenhaus. In der Neuzeit erlaubten Gesetze wie das preußische Allgemeine Landrecht von 1794 es den Hausvätern ausdrücklich, Frauen, Kinder und Gesinde zu züchtigen – maßvoll. Beispielsweise galten Ohrfeigen als legitim, Faustschläge und Tritte in den Leib jedoch als übermäßige Gewalt (violentia), gegen welche die Opfer – immer abhängig von den sozialen Umständen – vorgehen konnten. Betroffene wandten sich an den Pfarrer oder an die weltliche Obrigkeit. Die frühneuzeitlichen Quellen zeigen, dass Letztere mehrwöchige Turmstrafen verhängen oder die Bewachung des Täters im eigenen Haus anordnen konnte. Auch eine Art Bannmeile, die es dem Ehemann verbot, sich seiner Frau zu nähern, lässt sich nachweisen.
1762 wurden in der Gemeinde Münsterdorf in Schleswig-Holstein Claus und Gretje Vester wegen eigenmächtiger Trennung vor Gericht zitiert. Gretje klagte, dass „das Sauffen“ihren Mann „ganz verdorben und verwüstet“hätte. Angesichts seiner Drohungen und Gewalttätigkeit habe ihr der Bürgermeister Doktor Ehlers schon vor sechs Jahren erlaubt, „Wächter in ihrem Hause gegen ihren Mann zu halten, damit kein Unglück entstünde“. 1760 hatten sich ihre erwachsenen Kinder mit dem Schwiegersohn verbündet, Claus aus dem Haus geprügelt und ihm die Rückkehr verwehrt. „Gefraget: Ob sie sich nicht bequemen wolle, wieder zu ihrem Manne zu kehren? Sie antwortet: das könne sie ohne Gefahr ihres Lebens nicht thun.“