Die WM-Abfahrt ist zugleich Aksel Lund Svindals Karriere-Schlusspunkt. Abschiedsgespräch mit einem großen Sportler.
Alexander Köll ist halb Schwede und halb Österreicher. Der 28-Jährige ist der neue Hoffnungsträger der schwedischen Nation bei ihrer Heim-WM.
Schweden ist durchaus ein Land mit Ski-Tradition, wenngleich es die Alpinen nicht leicht haben. Das hat wohl damit zu tun, dass man seit Ingemar Stenmark Siege gewöhnt war. Oder mit Anja Pärson, bei der letzten Heim-WM die SkiKönigin, die auch gleich mit dem König verglichen wurde. Doch in der Abfahrt, da gab es nur wenig Erfolge aus und mit Schweden. Hans Olsson etwa, der seine Karriere vor zwei Jahren beendete, ist jetzt in Åre als Rennleiter der WM-Rennen tätig. Oder Patrik Järbyn, der vor zwölf Jahren hier sensationell Bronze in der Abfahrt geholt hatte.
Doch eine „Abfahrtstradition“, die gibt es hier nicht. Der Nachwuchs konzentrierte sich lange Zeit ausschließlich auf den Slalom, erst mit dem neuen schwedischen Alpindirektor Tommy Eliasson Winter kam frischer Wind ins Team. Einer der Protagonisten ist Alexander Köll. Ein junger Mann aus Matrei in Osttirol, der in Kitzbühel für Aufsehen sorgte, als er auf dem Weg zu seinen ersten Weltcuppunkten am Ende der Traverse stürzte und mit dem Hubschrauber abtransportiert werden musste. Er hatte Glück im Unglück, kam mit Prellungen davon und darf sich diese Woche einen Traum erfüllen: als Schwede in Schweden an der WM teilnehmen. Der 28-Jährige, das Bindeglied zwischen Österreich und dem WMAustragungsland, enttäuschte seine Wahlheimat nicht. Rang 20 im Super G war das beste Resultat seiner Karriere, er ließ sogar die Norweger Kjetil Jansrud und Aleksander Aamodt Kilde hinter sich – auf Gold fehlten nur 1,08 Sekunden. „Das war ein Riesenerfolg für uns. Und für das ganze schwedische Team“, erzählte Köll neben Freundin Lisa später im kleinen Appartement unweit des Zielstadions. Köll ist Doppelstaatsbürger – seit 2009 fährt er für Schweden, obwohl er festhält, „halb Schwede, halb Osttiroler“ zu sein. Der Nationenwechsel kam für den Absolventen der Skihotelfachschule Bad Hofgastein spontan. „Im schwedischen Verband wollten sie unbedingt, dass ich komme. Der ÖSV ließ mich ohne Probleme ziehen. Also habe ich alles auf eine Karte gesetzt und es versucht“, erklärt er.
Seine Mutter Camilla war in den 1980er-Jahren nach Matrei gekommen, arbeitete als Rezeptionistin im Hotel Goldried, das sie nun seit bereits 25 Jahren leitet. Die Liebe zu einem Skilehrer hielt sie in der Osttiroler Gemeinde. „Daraus bin ich entstanden. Und jetzt sitzen wir hier“, sagt Köll lachend. Sein Wohnort blieb stets Osttirol, sein Herz im schwedischen Landskrona, wo er jeden Sommer bei der vergangenes Jahr verstorbenen Oma verbrachte. „Sie hat mit uns nur schwedisch gesprochen, das war ihr wichtig“, erzählt Köll. Sein wohl größter Fan, der 95-jährige Opa, hatte kurz nach dem Super G bereits fünf Mal angerufen.
Wo seine sportliche Reise hingehen soll, kann der schwedische Abfahrtsmeister 2015 in Åre nicht sagen: „Die Ziele sind extrem hoch, aber ich will mich kontinuierlich steigern.“Die WM-Abfahrt soll nicht nur für ihn Schub sein, sondern für das ganze schwedische Team. Köll: „Es tut sich viel. Vor vier Jahren hatten wir bei Meisterschaften 50 Leute am Start, jetzt sind es 120. Ich und meine Kollegen können die Vorbilder sein, die uns lange gefehlt haben.“