Wer zahlt für Kuckuckskinder?
Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs hat eine Trendwende eingeleitet: Getäuschte Männer haben jetzt materiell bessere Karten.
RRund sechs bis acht Prozent der Kinder sollen Kuckuckskinder sein. Die Zahl ist so hoch, dass wir wohl alle im erweiterten sozialen Umfeld (im privaten Bereich, Beruf, Hobbys) Menschen kennen, die davon betroffen sind. So erfuhr ein Mann, um nur ein Beispiel aus der beruflichen Praxis zu nennen, erst nach 21 Jahren, dass insgesamt vier seiner Kinder nicht von ihm stammen. Der sogenannte Scheinvater hatte in der Vergangenheit rechtlich so gut wie keine Chancen gegenüber der Kindesmutter, mit Erfolg einen Schadenersatz geltend zu machen. Denn der Schadenersatzanspruch setzte voraus, dass die Kindesmutter den Vater bewusst belogen hatte. Dies war so gut wie nie nachzuweisen. Ein ledigliches Verschweigen der Mutter, dass die Kinder nicht vom Ehemann oder Lebensgefährten stammen, reichte nicht aus, um mit der Schadenersatzforderung Erfolg zu haben.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat nun jüngst mit einer Entscheidung einen Wandel in der Rechtsprechung eingeleitet. Die Höchstrichter gaben nämlich der Forderung eines getäuschten Mannes nach, den von ihm geleisteten Ehegattenunterhalt zurückzuzahlen. Hier waren das 26.750 Euro. In der Begründung des Urteils hieß es, dass kein arglistiges Verhalten der Kindesmutter vorliegen müsse. Denn auch die Vermögensinteressen seien von der Treuepflicht mitumfasst.
Im konkreten Fall hatte die Mutter, eine Lehrerin, eingewendet, sie habe den Ehebruch im alkoholisierten Zustand auf Fortbildungsveranstaltungen begangen. Nähere Details seien ihr aufgrund des Alkoholeinflusses nicht mehr erinnerlich. Damit ließ sie aber der OGH abblitzen. Die Kosten des Kindesunterhalts seien ein konkreter Vermögensschaden, der aus der Verletzung der ehelichen Treuepflicht herrühre.
Die Treuepflicht ist nach wie vor ein Kernelement einer Ehe. Bis 1997 war der Ehebruch sogar in Österreich noch ein Straftatbestand. Österreich kennt als eines der letzten Länder in Europa noch die Verschuldensscheidung.
Erfährt ein Mann, dass er nicht der biologische Vater ist, hat er zwei Jahre Zeit, feststellen zu lassen, dass ein Kind nicht von ihm abstammt. Bei Prozessen tauchen immer wieder Briefe oder E-Mails auf, aus denen sich ergibt, dass die betroffenen Männer schon länger von ihrer Nichtvaterschaft gewusst haben. Bloße Vermutungen, wie „sie hat mich betrogen, vielleicht stammt ja auch das Kind nicht von mir“, lösen jedoch den Beginn der zweijährigen Verjährungsfrist nicht aus. Ebenso wenig ist der Vater verpflichtet, Nachforschungen anzustellen.
Nach 30 Jahren kann ein Mann die Feststellung der Nichtabstammung jedoch nicht mehr begehren, unabhängig davon, wann allfällige Verdachtsmomente bekannt geworden sind. Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Feststellungsantrag verjährt ist.
Der Regress des Scheinvaters gegen den biologischen Vater ist in zweifacher Hinsicht beschränkt: einerseits um den Betrag, den er selbst tatsächlich an Kindesunterhalt geleistet hat, andererseits aber auch auf den Betrag, den der echte Vater gesetzlich verpflichtet ist zu bezahlen. In der Praxis ist es immer wieder so, dass der Scheinvater aufgrund eines höheren Einkommens mehr Kindesunterhalt bezahlt hat, als es der biologische Vater leisten muss. Der Scheinvater bekommt also vom biologischen Vater den von ihm bezahlten Kindesunterhalt nicht 1:1 refundiert.
Hat man Zweifel an der Vaterschaft, empfiehlt es sich, bevor man großen Staub aufwirbelt, sich einmal selbst mit einem Vaterschaftstest Klarheit zu verschaffen. Die Kosten liegen dafür im Durchschnitt zwischen 200 Euro (Heimtest) und 600 Euro.
Es wäre auch zu diskutieren, ob die Kindesmutter nicht gesetzlich verpflichtet werden sollte, ihrem Mann zu sagen, dass sie zum fraglichen Zeitpunkt mit mehreren Männern Geschlechtsverkehr hatte. Tut sie das nicht, könnte eine über den materiellen Schaden hinausgehende Schadenersatzpflicht entstehen. Fest steht: Sowohl für Kind als auch Scheinvater ist es psychisch sehr belastend, wenn sich erst sehr spät herausstellt, nicht der wirkliche Vater zu sein.
Ehebruch im alkoholisierten Zustand gilt nicht mehr als Ausrede. Oberster Gerichtshof in einem Urteil Für Kind und Scheinvater sind die psychischen Belastungen groß. Katharina Braun Scheidungsanwältin