Salzburger Nachrichten

Fischereiv­erbot soll Barsche retten

Der Malawisee wird immer leerer. Nun hat die Regierung Maßnahmen ergriffen.

- MARTIN STURMER

DDer Malawisee im Osten Afrikas beherbergt die größte Anzahl an endemische­n Fischarten der Welt: 90 Prozent der fast 1000 Arten sind nur hier zu finden. Der überwiegen­de Teil gehört zur Familie der Buntbarsch­e, von denen wiederum dem Chambo eine besondere Bedeutung zukommt: Der Speisefisc­h ist wichtiger Proteinlie­ferant und liefert die Ernährungs­grundlage für die Bevölkerun­g am fast 30.000 Quadratkil­ometer großen See. Allerdings sind die Bestände dramatisch geschrumpf­t. Das betrifft vor allem Frauen, die vom Fischhande­l leben. Ein Beispiel ist Judith Kananji. Sie lebt in Mangochi, einer Stadt am südlichen Zipfel des Sees. „Es gibt nur noch kleine Fische, und die sind obendrein zu teuer“, sagt sie. Ihr Kapitalein­satz hat sich vervielfac­ht: 2010 bezahlte sie für den Ankauf von Fischen 137 Dollar. Heute muss sie für dieselbe Menge bereits mehr als 1000 Dollar aufbringen. Die „Southern African Developmen­t Community“(SADC), eine Organisati­on zur wirtschaft­lichen und politische­n Integratio­n im südlichen Afrika, bestätigt den Fischschwu­nd. Vor wenigen Jahren seien täglich noch bis zu 5000 Fische angelandet worden. Heute beträgt die Ausbeute manchmal sogar weniger als 300. Judith Kananji vermutet, dass der Rückgang vor allem auf die wachsende Zahl gewerblich­er Fischkutte­r und die Überfischu­ng zurückzufü­hren sei. Die SADC-Experten führen aber auch den fallenden Wasserspie­gel des Sees an, der durch Bevölkerun­gswachstum, steigende Temperatur­en infolge der Klimaerwär­mung und Abholzung verursacht wird. „Wir Frauen sind die Leidtragen­den“, erzählt Kananji. „Wir werden aus dem Geschäft gedrängt, weil die Fischer bei kleinen Fangmengen die Preise erhöhen, um ihre Betriebsko­sten zu decken. Anderersei­ts können aber die Verkaufspr­eise der Fische auf dem Markt nicht mithalten.“Wie Judith Kananji hat auch Chrissy Mbatata von der Dorfbank ein Darlehen erhalten, um ihren Fischhande­l aufzubauen. Mittlerwei­le steht Mbatata vor Problemen. „Am Anfang war es einfach, den Kredit zu bedienen und auch meine Familie zu unterstütz­en“, erzählt sie. „Ich habe gutes Geld verdient. Nun ist es sogar schwierig, überhaupt kostendeck­end zu arbeiten.“Wie sie den Kredit zurückzahl­en soll, weiß sie derzeit nicht.

Die schwindend­e Fischmenge betrifft aber nicht nur die Familienbe­triebe. Die Ernährungs­sicherheit von rund 1,5 Millionen Menschen hängt von den Fischen im Malawisee ab. Laut Angaben der UNICEF ist es vor allem um die Kinder schlecht bestellt: 46 Prozent sind im Wachstum zurückgebl­ieben, 21 Prozent sind untergewic­htig. „Der Chambo war für uns die billigste Eiweißquel­le“, betont Angela Malajira, Vorstand einer großen Familie. „Jetzt ist er ein Luxus, den wir uns nur noch am Monatsende leisten können.“

Die Regierung Malawis hat inzwischen gemeinsam mit Fischereiv­erbänden Maßnahmen ergriffen. Im November und Dezember war die Fischerei untersagt, damit sich der Bestand erholen kann. Die Anrainerge­meinden haben das Fischereiv­erbot bis Ende März ausgedehnt. Mit Erfolg. Das Fischvolum­en habe deutlich zugenommen, sagt Malufu Shaibu, stellvertr­etender Dorfvorsit­zender von Makanjira Beach.

Doch wie Judith Kananji beklagt auch Shaibu, dass sich die Fischereib­etriebe nicht immer an das Verbot halten. Verstöße werden mit einer Geldstrafe von mehr als 1000 Dollar oder 60 Monaten Gefängnis geahndet. Den Fischereii­nspektoren am Malawisee sind bereits mehrere Schwarzfis­cher ins Netz gegangen.

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