Spontanexplosionen durch Säurezünder
WIEN. In den Morgenstunden des 28. Jänner stockte den Arbeitern auf einer Baustelle in Wien-Floridsdorf der Atem: Soeben hatte der Bagger eine rund 100 Kilogramm schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg freigelegt. 100 Anrainer mussten ihre Wohnungen verlassen, Straßen wurden gesperrt. Dann rückte der Entminungsdienst des Bundesheers an. Die Experten entschärften die Bombe und ließen sie abtransportieren. Keine Verletzten, keine Schäden. Wie immer – alles reine Routine?
Mitnichten. Wer Mitglied des Entminungsdienstes ist, braucht einen kühlen Kopf. Und das ständig. Denn auch fast ein Dreivierteljahrhundert nach Ende des Zweiten und mehr als 100 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs lauern unter heimischen Straßen, Gärten und Waldböden, in Seen und Flüssen sowie auf Bergen nach wie vor explosive Gefahren.
In den vergangenen zehn Jahren wurden in Österreich knapp 900 Bomben und mehr als 24.000 Granaten geborgen. Die Zahlen in den Jahresstatistiken stagnieren. 1104 Mal rückte der Entminungsdienst im Vorjahr aus. Die 13 Einsatzfahrzeuge legten 254.000 Kilometer zurück. 35,3 Tonnen Kriegsmaterial wurden 2018 geborgen. Darunter waren 120 Streubomben, drei AntiPersonen-Minen, 22 Fliegerbomben-Blindgänger über 50 Kilogramm, 1419 Granaten, 315 Handgranaten, 272 Wurfgranaten, 43 Panzerfäuste, mehr als 6,2 Tonnen Munition und 64 Kilo Sprengstoff. Jeweils mehr als elf Tonnen Kriegsmaterial wurden in Kärnten und Niederösterreich geborgen. Gefolgt von Wien (4,5 Tonnen), der Steiermark (2,9) und Oberösterreich (2,8). Lediglich 533 Kilogramm waren es in Salzburg. Aus den Tiefen heimischer Gewässer wurden 9,7 Tonnen Kriegsmaterialien an die Oberfläche, von den einst umkämpften Berggipfeln im Süden 370 Kilogramm ins Tal gebracht. „Hinzu kommen noch ein bis zwei Spontanexplosionen pro Jahr“, ergänzt Heeressprecher Oberst Michael Bauer. Dabei handelt es sich um sogenannte Verzögerungsbomben. Sie detonieren erst, wenn sich die Säure bis zum Zünder durchgefressen hat. „Das kann sofort passieren, nach 30 Minuten oder erst nach 70 Jahren“, sagt Bauer und fügt hinzu: „Das sind die gefährlichsten Bomben.“Säurezünder waren auch für den bislang letzten schweren Unfall verantwortlich. Am 17. Juli 2003 kamen