Am Konjunkturhimmel ziehen dunkle Wolken auf
Die Wachstumsprognosen zeigen einen klaren Trend: Die unsichere politische Lage drückt stark auf die Stimmung in der Wirtschaft.
Die internationalen Wirtschaftsprognosen wurden zuletzt abermals nach unten revidiert. Schon im Herbst 2018 hatte man die Wachstumsaussichten für 2019 deutlich zurückgenommen. Gegen Jahresende hat sich das Bild nochmals verdüstert. Das gilt für Europa ebenso wie für die USA und auch für China.
Die Unsicherheit über die künftige Handelspolitik der USA, über die Zukunft des Multilateralismus, zunehmende globale Spannungen, der Konflikt im Nahen Osten – Syrien, Iran, Jemen, Irak – und nicht zuletzt die Turbulenzen auf den Aktienmärkten im Dezember 2018 haben weltweit auf die Stimmung gedrückt. In der EU sorgen zudem die Unklarheiten über den Brexit für weitere Verunsicherung.
Die EU-Kommission erwartet für 2019 im Vergleich zur Herbstprognose ein um 0,6 Prozentpunkte (Eurozone) sowie 0,5 Prozentpunkte (EU-27) niedrigeres Wachstum. Dabei werden gerade die großen EU-Länder die höchsten Wachstumseinbußen haben. Etwa Italien, seit Jahren Wachstumsnachzügler, dessen Prognose für 2019 um einen vollen Prozentpunkt auf minimale 0,2 Prozent Anstieg der Wirtschaftsleistung gesenkt wurde. Grund dafür ist unter anderem der Streit mit der EU über Italiens Budget, der zu einem starken Anstieg der Zinsen führte. In Frankreich wiederum haben die Proteste der Gelbwesten-Bewegung für zusätzliche Verunsicherung gesorgt. Kräftig fiel die Prognoserevision (minus 0,7 Prozentpunkte) auch für Deutschland aus. Als Exportnation Nummer eins ist es von Entwicklungen auf dem Weltmarkt sowie vom Brexit besonders stark betroffen. Dazu kommen die Probleme in der deutschen Autoindustrie (Dieselskandal und neue Abgasnormen). Die Produktionszahlen lagen allein im November und im Dezember um 21 beziehungsweise 18 Prozent unter den Vergleichszahlen vom Vorjahr. Der Wachstumsrückgang und die Probleme der deutschen Automobilkonzerne haben naturgemäß Auswirkungen auf Österreich. Die EU prognostiziert daher für 2019 statt 2,0 nur mehr 1,6 Prozent reales BIP-Wachstum. Auch der Einkaufsmanagerindex der Bank Austria, der allgemein als Konjunktur-Frühindikator gilt, zeigt deutlich nach unten. Er fiel von 59,2 im Februar 2018 auf 52,7 Prozent und liegt damit bereits nahe der 50-Prozent-Grenze, ab der ein Rückgang der Sachgüterproduktion erwartet wird. Was die Neuaufträge und die Exportaufträge betrifft, wurde diese Grenze mit 48,5 bzw. 45,2 Prozent schon unterschritten. Gleichzeitig werden signifikant kürzere Lieferfristen erwartet, was bedeutet, dass die Auftragspolster aus 2018 nun abgebaut werden. Im Laufe von 2019 ist daher mit einer merklichen Wachstumsdelle in der Industrieproduktion zu rechnen.
Ob sich das weltweite Stimmungsbild bald umkehrt, ist zu bezweifeln. Auch in den USA wird sich in den nächsten 18 Monaten die Konjunktur merklich abkühlen. Und China, zweitgrößte Wirtschaft der Welt, hat 2018 mit 6,6 Prozent Wachstum den niedrigsten Wert seit 1990 erzielt – 2019 wird es nochmals weniger. Der Konjunkturhimmel verdüstert sich.
Marianne Kager war fast 20 Jahre Chefökonomin der Bank Austria. Heute ist sie selbstständige Beraterin.
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