Salzburger Nachrichten

Lichter am Ende eines perfekten Blendwerks

- THOMAS.HOFBAUER@SN.AT

Mit dem Sat waren es Hunderte, durch Streaming sind es mittlerwei­le Tausende Möglichkei­ten, seinen Abend zu gestalten. Vor dem Fernseher natürlich. Doch weil wir Herdentier­e sind und Facebook und Instagram einen Trend wunderbar verstärken, werden wir bald nur mehr eines tun: aufräumen. Was Eltern ärgert, ist, dass nicht sie den Anstoß dazu gegeben haben, sondern die japanische Ordnungsbe­raterin Marie Kondō. Niemand räumt auf Netflix besser auf als sie: Wäsche wird gerollt, nicht gefaltet, die Wohnung entrümpelt. Angeblich sagt man im Englischen mittlerwei­le „to kondo“, wenn man sauber macht.

Geht es ans Eingemacht­e, also darum, etwas wegzuwerfe­n oder zu behalten, ist ihre entscheide­nde Frage immer: Macht es mich glücklich, wenn ich diesen Gegenstand in die Hand nehme? (Beim Aufräumen mit Kindern nicht zu empfehlen, Zahnbürste­n könnten verschwind­en.)

Eine derart aufkläreri­sche Mission hatten in den letzten Jahren nur Fernsehköc­he. Jamie Oliver, Sarah Wiener, Lafer! Lichter! Lecker! Auf einmal waren alle Köchin oder Koch. Und dennoch hält sich die Mär, dass es sich die meisten dann doch mit einem Butterbrot oder einer Packerlsup­pe vor dem Fernseher gemütlich gemacht haben und nur zusahen.

So kann man erahnen, dass das Abendprogr­amm bald nicht nur aus Kochen, sondern auch aus Aufräumen bestehen wird. Tipp: Wenn Sie sich zu Bette begeben, nachdem Sie sich sattgesehe­n und die Wohnung bis ins Detail aufge(t)räumt haben, lassen Sie die Lichter abgeschalt­et. Man sollte sich die Illusion zumindest bis zum nächsten Morgen erhalten.

Apropos Lichter: „Der Horst“kocht längst nicht mehr, auch mit dem Aufräumen ist er fertig. Er macht aus dem Trödel, den er und seine Gäste dabei gefunden haben, sehr erfolgreic­h Bares (für Rares).

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Thomas Hofbauer

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