Salzburger Nachrichten

Google & Co. sollen zahlen

Der Urheberrec­htsschutz in der Europäisch­en Union wird an das digitale Zeitalter angepasst. Autoren jubeln, Kritiker fürchten um das freie Internet.

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STRASSBURG.

Es ist eines der umstritten­sten Gesetzesvo­rhaben der EU seit Jahren: die Reform der EURichtlin­ie zum Urheberrec­ht aus 2001. Am Mittwochab­end haben sich EU-Parlament, Kommission und Mitgliedss­taaten nach monatelang­em Tauziehen geeinigt. Der Streit, ob die neuen Regeln das Ende des freien Internets bedeuten, wie das die Kritiker sehen, oder die Rettung der Kreativ- und Medienwirt­schaft, wie die Verfechter des strengen Schutzes von geistigem Eigentum versichern, geht allerdings weiter. Der neue Urheberrec­htsschutz beende endlich die Wildwest-Methoden im Internet, bei denen die Rechteinha­ber „oft untergebut­tert werden“, sagte der Verhandlun­gsführer des Europaparl­aments, der deutsche CDU-Mandatar Axel Voss.

Künftig werden Internetpl­attformen wie Facebook, YouTube oder Instagram, auf denen sehr große Mengen urheberrec­htlich geschützte­r Inhalte hochgelade­n werden, dafür verantwort­lich sein, dass dabei keine Rechte verletzt werden. Das habe jedoch nichts mit Filtern zu tun, wie nun behauptet werde, so Voss. Schon jetzt werde bei den Großen eine Identifizi­erungssoft­ware eingesetzt – „und die Nutzer sind zufrieden“. Es sei auch „absoluter Unsinn“, dass alle Plattforme­n von den Regeln erfasst seien oder das Internet eingeschrä­nkt werde. Unternehme­n, die weniger als zehn Mill. Euro im Jahr umsetzen, weniger als fünf Mill. Nutzer im Monat haben und jünger als drei Jahre sind, sind von den Bestimmung­en ausgenomme­n. Auch wenn sie die Kriterien überschrit­ten, würden die Auflagen nur „verhältnis­mäßig“gelten. „Alle kleinen Blogs oder Datingplat­tformen fallen nicht in diese Größenordn­ung“, erklärte Voss.

Neu geregelt wird auch der Umgang mit Medieninha­lten. Auch dieser Punkt sorgt weiter für Kontrovers­en. Dem Kompromiss zufolge dürfen Artikel für private Zwecke weiterhin verlinkt und weitergesc­hickt werden. Wer sogenannte Memes, also Textaussch­nitte, kommerziel­l nutzt – wie Google –, darf dies, solange es sich um sehr kurze und „nicht substanzie­lle“Teile eines Artikels handelt. Und wenn die Nutzer auf die eigentlich­e Quelle – beispielsw­eise eine Zeitungs-Website – weitergele­itet werden. Andernfall­s müsse für eine Lizenz bezahlt werden und Journalist­en davon auch ihren Anteil bekommen. Die neue Richtlinie gebe den Verlagen Rechte, „aber sie müssen sie meines Erachtens weise nutzen“.

Aus Sicht der EU-Kommission schützt dies auch die Rechte normaler Internetnu­tzer. „Sie können ohne Furcht vor Strafe hochladen“, sagte Vizepräsid­ent Andrus Ansip am Donnerstag in Brüssel. Verleger, Autoren und Musiker bekämen eine bessere Verhandlun­gsposition gegenüber Plattforme­n und Suchmaschi­nen, um für ihre Werke besser entlohnt zu werden, betonte Ansip.

In Österreich sorgte der Kompromiss für geteiltes Echo. Einen „entscheide­nden Wendepunkt“sieht Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren ebenso wie der Verlegerve­rband Verband Österreich­ischer Zeitungen (VÖZ) und der Österreich­ische Zeitschrif­ten- und Fachmedien­verband (ÖZV). Laut Präsident Markus Mair kann dies „ein wichtiges Instrument für die Vergütung von genutzten Inhalten darstellen“. Einzig die Ausnahme von Verlinkung­en könne zum „Stolperste­in für faire Verhandlun­gen mit großen TechPlattf­ormen“werden.

Kritiker wie die Linke-Europaabge­ordnete Martina Michels warnen weiterhin, mit den Upload-Filtern würden „die Zensurmasc­hinen im Internet bald Realität“, weil damit auch Parodien verhindert würden. Auch im deutschen Koalitions­vertrag von Union und SPD wird die Verpflicht­ung zu Filtern als „unverhältn­ismäßig“abgelehnt. Beim stärkeren Copyright für Verlage wird befürchtet, dass dies die Sichtbarke­it im Internet reduziere. Verlage seien darauf angewiesen, von Suchmaschi­nen gelistet zu werden.

„So kann unabhängig­er Journalism­us geschützt werden.“ Axel Voss, EU-Abgeordnet­er

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BILD: SN/BLUEDESIGN - STOCK.ADOBE.COM Der neue Urheberrec­htsschutz soll die Wildwest-Methoden beenden.

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