Donald Trump inszeniert einen Notstand
Erst sollte Mexiko zahlen. Dann der amerikanische Kongress. Eine „wunderschöne massive Mauer“werde er an der Grenze zu Mexiko bauen und illegale Zuwanderung, Drogenhandel und Kriminalität stoppen, fabulierte Donald Trump im Wahlkampf.
Tatsächlich wurde in den zwei Amtsjahren des US-Präsidenten kein einziger Meter gebaut. Mexiko denkt gar nicht daran, für die Abschreckung seiner Bürger zu zahlen. Und auch Republikaner und Demokraten im US-Kongress halten die Tasche zu. Gerade einmal 1,375 Milliarden Dollar für 55 Meilen Zaun haben sie nun bewilligt. Der große Dealmacher hat sich verzockt.
Nun wirft Trump wütend den ganzen Spieltisch um. Wenn er auf verfassungsmäßigem Weg nicht an sein Geld kommen kann, holt er es sich nach der Art eines Autokraten – auf eigene Faust, mit windiger Begründung und einem Raubzug durch andere Ressorts, deren bereits genehmigte Mittel er einfach umwidmen will. Acht Milliarden Dollar will er so zusammenkratzen. Das reicht zwar höchstens für ein Viertel der versprochenen Mauer, dürfte seine Anhänger aber zumindest vorübergehend ausreichend benebeln.
Um die Wirklichkeit geht es in dieser gespenstischen Debatte schon lange nicht mehr. Ja, es gibt Probleme an der Grenze. Aber von einem nationalen Notstand kann nicht die Rede sein. Die Zahl der erfassten illegalen Grenzübertritte ist seit der Jahrtausendwende um 75 Prozent auf rund 400.000 gefallen. Und Waffen und Drogen werden ganz überwiegend über die offiziellen Routen eingeschmuggelt.
Der Bau einer Mauer würde Jahre dauern. Langwierige Klagen sind zu erwarten. Doch das kümmert Trump wenig. Er will als Sieger erscheinen. Für sein Wahlversprechen verschleppt er Reformen des Einwanderungsrechts, er hat 800.000 Beamte per Haushaltssperre in Geiselhaft genommen und will Milliarden für ein wirkungsloses Bauwerk verpulvern. Mit der Ausrufung eines fingierten Notstands schickt er sich endgültig an, das Fundament der US-Verfassung zu untergraben.