Saudis können ihre Frauen tracken
Eine App sorgt für Empörung – Google und Apple stehen am Pranger.
RIAD, LIMASSOL. „Unsere App wurde unter besonderer Berücksichtigung der Sicherheit und des Datenschutzes entwickelt und ermöglicht Ihnen, die Profile Ihrer Familienmitglieder oder Angestellten sicher zu überprüfen“, so preist die Google-PlayWebsite die „Absher“-App der saudischen Regierung. Dass man mit der App nicht nur Strafzettel und Parkgebühren bequem bezahlen oder seinen Führerschein verlängern, sondern auch die Reiseaktivitäten der eigenen Frauen und Töchter überwachen kann, wird verschwiegen. Der besorgte Mann erhält sogar einen SMS-Alarm in Echtzeit, sollten die lieben Familienmitglieder in ein Flugzeug steigen oder eigenmächtig die Landesgrenze überqueren. Mit einem einfachen Klick kann die Polizei verständigt werden, die die unfolgsame Frau oder Tochter zurückbringt. In Saudi-Arabien entscheidet der Mann, ob „sie“verreisen, arbeiten oder zum Arzt gehen darf.
Mit der „Absher“-App werden Alleingänge nun nahezu unmöglich. Das sei „erniedrigend, kränkend und beschämend“, kritisiert Rotha Begum von Human Rights Watch. Sie wirft Google und Apple vor, „Bedrohungen und Belästigungen saudischer Frauen zu erleichtern“. Es sei eine Tragödie, dass auf den „technologisch fortschrittlichsten Plattformen der Welt die archaischste Form von Frauenfeindlichkeit ermöglicht wird“, sagte die saudische Frauenrechtlerin Yasmine Mohammed. Mehr als zehn Millionen Mal wurde die App bereits heruntergeladen.
In einem Brief forderte der amerikanische Senator Ron Wyden von Google und Apple, die „erniedrigende App“aus ihren Stores zu entfernen. US-Konzerne dürften das saudische Patriarchat nicht unterstützen.
Apple-Chef Tim Cook will von der Überwachungs-App noch nie etwas gehört haben. Er werde aber die gegen sein Unternehmen gerichteten Anschuldigungen überprüfen und gegebenenfalls handeln, versprach er in einem Interview. Google soll sich bisher noch nicht geäußert haben.