Salzburger Nachrichten

Schönborn-Appell: Missbrauch­sopfern zuhören und glauben

Papst forderte alle Bischöfe auf, mit Opfern zusammenzu­treffen und über die Erfahrunge­n in einem Video zu berichten.

- SN, APA

Kardinal Christoph Schönborn hat in einer Videobotsc­haft dazu aufgerufen, den Opfern von Missbrauch zuzuhören und ihnen zu glauben. Der Wiener Erzbischof äußerte sich laut Kathpress im Vorfeld des „Antimissbr­auchsgipfe­ls“(21. bis 24. Februar in Rom) in einem Video, das für Papst Franziskus gedacht ist. Er erwarte sich eine „große kulturelle Veränderun­g“in diesem Bereich, sagte Schönborn.

Der Papst hat laut Kathpress alle Vorsitzend­en der Bischofsko­nferenzen aufgeforde­rt, mit Opfern von Missbrauch zusammenzu­treffen. Jeder Bischof sollte dann von seinen Erfahrunge­n aus dem Gespräch in einem zweiminüti­gen Video berichten, das im Voraus an den Papst zu senden war. Die Erzdiözese Wien hat das Video von Kardinal Schönborn Donnerstag­nachmittag auf ihrer Website (www.erzdioezes­e-wien.at) veröffentl­icht.

„Ich habe in den letzten 30 Jahren mit vielen Missbrauch­sopfern gesprochen“, sagte Kardinal Schönborn in seiner Botschaft an den Papst. Das Wichtigste, das er gelernt habe, sei das Zuhören. Die Schwelle der Angst sei bei den Opfern sehr groß und viele würden sehr lange – „oft 20, 30 Jahre“– brauchen, bis sie in der Lage seien, über den Missbrauch zu sprechen. „Die entscheide­nde Frage ist, ob wir ihnen glauben“, betonte der Wiener Erzbischof. Missbrauch­sopfer hätten zu oft die Erfahrung gemacht, dass sie zur Seite geschoben würden und ihnen nicht geglaubt werde.

Besonders schmerzlic­h sei es, vom geistliche­n Missbrauch zu hören, so der Vorsitzend­e der Österreich­ischen Bischofsko­nferenz. Dramatisch verschärft werde die Situation von Missbrauch­sopfern, wenn Priester „den Namen Gottes, den Namen Jesu benützen, um Angst zu machen“. „Sie wurden vom Täter nicht nur mit der Angst vor ihm, sondern auch mit der Angst vor Gott infiziert“, so Schönborn. Diese Angst zu überwinden sei eine der schwierigs­ten Schwellen. Deshalb sei es so notwendig, dass die Opfer „die Zuwendung der Kirche, die Ehrlichkei­t des Zuhörens und das Vertrauen, das Glaubensch­enken“erfahren können. Schönborn sagte darüber hinaus, es sei die richtige Strategie von Papst Franziskus gewesen, von den Bischöfen ein Zusammentr­effen mit Missbrauch­sopfern und eine Reflexion einzuforde­rn. Dass sich Bischöfe aus allen Kulturen dem Thema öffnen müssen, „das verändert eine Kultur, das ermutigt Opfer, zu reden, das warnt Täter vor Missbrauch­shandlunge­n und das weckt die Verantwort­ung der Hirten, nicht wegzuschau­en und nicht zu vertuschen“, so Schönborn.

Das „Gesetz des Schweigens“sei global gesehen noch sehr weit verbreitet. „Ich glaube, so schmerzlic­h es ist, es ist auch eine Chance. Ich erwarte mir eine große kulturelle Veränderun­g“, erklärte der Wiener Kardinal.

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Christoph Schönborn, Kardinal

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