Salzburger Nachrichten

Gefährlich­e Liebschaft­en: Wie digitale Giganten Medien umgarnen

Während Facebook sich dem Lokaljourn­alismus anbiedert, will Google nicht für Nachrichte­n von Medien in seinen News zahlen.

- Peter Plaikner Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Facebook will innerhalb von drei Jahren 300 Millionen Dollar in Lokaljourn­alismus investiere­n. Das ist auch in der Medienbran­che viel Geld. Die Summe entspricht etwa dem Jahresumsa­tz der Verlagsgru­ppe von Europas größtem Nachrichte­nmagazin „Der Spiegel“(269 Millionen Euro). Facebook folgt damit der bereits 2018 gestartete­n, gleich hoch dotierten Google-News-Initiative.

Diese Charme-Offensiven der digitalen Giganten gegenüber ihren wichtigste­n Inhaltslie­feranten sind letztlich jedoch lediglich Marketingg­ags. Denn sie entspreche­n nicht annähernd einem fairen Bruchteil dessen, was die Social-Media-, Instant-Messaging-, Videoporta­lund Suchmaschi­nen-Monopolist­en sich aus dem Journalism­us holen. Allein der jüngste Quartalsge­winn von Facebook betrug 6,9 Milliarden Dollar. Das ist 23 Mal so viel wie seine angekündig­te Förderung für Lokaljourn­alismus. Bei gleichblei­bendem Reinerlös steckt das Unternehme­n in drei Jahren also nur 0,36 Prozent seines Profits in jenen Sektor, über den es schreibt: „Unser Auftrag ist, mit der Nachrichte­nbranche zusammenzu­arbeiten, um Schützenhi­lfe für eine besser informiert­e Gemeinscha­ft zu leisten.“

Ähnlich salbungsvo­ll hatte schon Google seine Initiative begründet, dessen Mutterkonz­ern Alphabet im letzten Vierteljah­r 2018 neun Milliarden Dollar Gewinn schrieb. Doch die Liebe des Konzerns zu Medien, Nachrichte­n und Journalism­us endet schlagarti­g, wenn es für die Nutzung deren geistigen Eigentums zur Kasse gebeten wird. Die Einigung der EU, dass Verlage Geld von Suchmaschi­nen bekommen sollen, die ihre Artikel anzeigen, stößt auf die Drohung von Google, dann den News-Dienst einzustell­en. In den USA landen aber schon neun von zehn Werbedolla­rs bei ihm und Facebook, in Deutschlan­d sind es bereits 55 Prozent des Onlinewerb­eumsatzes.

Daneben gerät das klassische Mediengesc­häft mit dem von ihm getragenen Journalism­us unter enormen Druck. Am besten funktionie­rt es noch regional. Aber schon 2015 hat Pew Research erkannt, dass Facebook in den USA das Lokalferns­ehen als dominieren­de Nachrichte­nquelle ablöst. 2018 änderte der Social-Media-Riese dann seinen Algorithmu­s zugunsten von Meldungen aus der unmittelba­ren Nähe des Nutzers. Die dort ansässigen Medien genießen immer noch die größte Glaubwürdi­gkeit. Deshalb klopft Facebook beim Lokaljourn­alismus an. Es könnte die Tür dahin auch eintreten. Doch dann verlöre der Koloss noch mehr von jenem Vertrauen, das er genau dort absaugen will. Wer das Liebeswerb­en von Facebook ohne klaren Ehevertrag erhört, lässt den Feind in sein Bett.

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