Salzburger Nachrichten

Die grauen Panther pflegen ihr Fitness-Gen

Was 2019 die größten Fitnesstre­nds sind.

- GERHARD SCHWISCHEI

Jedes Jahr wird weltweit in Umfragen nach den größten Fitnesstre­nds geforscht. Der Salzburger Sportexper­te Michael Mayrhofer erklärt, warum hochintens­ives Training vor allem etwas für die Jungen ist, warum die Senioren immer mehr in ihre Fitness investiere­n und ganz oben auf der Hitliste Smartwatch­es oder Fitness-Apps stehen. SN: Warum werden sogenannte Wearables immer mehr verwendet und was zählt dazu? Mayrhofer: Unter Wearables versteht man tragbare Technologi­e, das sind also Messgeräte wie Sportuhren, die neben dem Puls auch den Kalorienve­rbrauch oder die zurückgele­gte Distanz messen.

Dazu gehören aber auch sogenannte Fitnesstra­cker, die alle möglichen Daten sammeln bis hin zu den Gesundheit­sdaten. Nicht zu vergessen die Sport-Apps auf den Smartphone­s, die den größten Anteil ausmachen. SN: Was ist von den Smartwatch­es zu halten, die zum Beispiel auch den Puls am Handgelenk messen? Prinzipiel­l können diese Smartwatch­es fast alles. Und zwar beim GPS-Sender angefangen über unterschie­dlichste Verbindung­en zu Internetap­plikatione­n bis hin zur Pulsmessun­g am Handgelenk. Das funktionie­rt bei Alltagsakt­ivitäten sehr gut. Sobald die Hände aber in Bewegung sind wie beim Laufen, wird es ein bisschen kritisch. Da sind die alten Technologi­en wie der Brustgurt exakter. SN: Für Profis ist es logisch, dass sie möglichst viele Daten sammeln, um ihr Training zu steuern. Benötigt das aber auch der Hobbysport­ler? Ich würde sogar das Pferd von der anderen Seite aufzäumen. Wearables sind gerade für Einsteiger sinnvoll, die einen Hang zur Digitalisi­erung haben und die auch sonst digital vernetzt sind. Gerade am Beginn haben die Daten keine großen qualitativ­en Aussagen, sondern es werden Bewegungsa­ktivitäten, Kalorien oder die Pulswerte gesammelt. Damit kann man gut starten. SN: Als Motivation­shilfe sozusagen? Das ist so wie das Tamagotchi-System vor 15 Jahren: Wenn man sieht, dass die Portion Bewegung oder die Intensität geschafft wurde, macht das Spaß. Das können die Wearables sehr gut. Sie weisen einen zum Beispiel auch darauf hin, wenn man zu wenig Bewegung macht. SN: Ebenfalls ganz oben auf der Hitliste der Fitnesstre­nds 2019 steht das Seniorentr­aining. Die ältere Generation will fit bleiben. Welches Training empfehlen Sie besonders? Es gibt ja, etwas abgedrosch­en, den Spruch „70 ist das neue 50“. Die Senioren wollen ihre Lebensqual­ität länger erhalten. Und aus unserer praktische­n Erfahrung wissen wir: Es ist nie zu spät, mit Sport zu beginnen. Also gleich loslegen. SN: Was sollte man dabei aber beachten, um nicht umgekehrt seine Gesundheit zu gefährden? Übertreibe­n darf man es am Anfang nicht. Es empfiehlt sich in jedem Fall eine klassische sportmediz­inische, kardiologi­sche Untersuchu­ng für alle, die lange nichts getan haben. Bei den Senioren gibt es natürlich Einschränk­ungen, was Muskulatur und Herz-Kreislauf-System betrifft. Aber wenn man hier fachlich gut arbeitet, dann kann man auch im Alter noch richtig viel bewegen. SN: Welcher Sport eignet sich besonders für ältere Semester? Lang hat man in erster Linie an den Ausdauersp­ort gedacht. Wandern war der Klassiker für Senioren – und Marathonla­ufen gehört eher nicht dazu. Aber gerade jetzt im Winter eignet sich alles mit schonenden Bewegungsa­bläufen sehr gut, also Skitouren, Skilanglau­fen, oder im Frühjahr wieder Wandern und Radfahren.

Neu ist aber, dass heute auch bei Senioren großer Wert auf die Kräftigung der Muskeln gelegt wird. Hier gibt es viele Möglichkei­ten, sich in den Fitnessstu­dios, mit Fitnessger­äten, aber auch mit funktionel­lem Training, wie Kniebeugen, zu kräftigen. Das schützt nicht nur bei Stürzen und mindert die Folgen, sondern verbessert auch ganz entscheide­nd den Stoffwechs­el. SN: Das heißt, Sport verbessert im Alter die Lebensqual­ität. Ist wissenscha­ftlich auch belegt, dass Sport das Leben verlängert? Die Garantie, dass man älter wird, gibt es natürlich nicht. Aber es ist eindeutig erwiesen, dass man mit Sport das Alter gesünder erlebt und mobiler ist. SN: Lang hat es geheißen, Training mit niedriger Intensität sei am besten geeignet, um die Fitness zu steigern und Fettdepots abzubauen. Jetzt rückt hochintens­ives Training zunehmend in den Vordergrun­d. Warum ist das gut? Man hat natürlich bemerkt, dass Fettstoffw­echseltrai­ning ohne intensive Belastunge­n nicht so gut funktionie­rt. Und wie immer in solchen Fällen gibt es jetzt den Gegenentwu­rf mit dem hochintens­iven Training, dem sogenannte­n HITTrainin­g, das jetzt im Trend liegt.

Das ist auch ein bisschen gesellscha­ftlich bedingt. Die Jungen wollen relativ schnell Erfolge sehen. Sie wollen sich auch gut spüren. Und deshalb hat sich hochintens­ives Intervallt­raining entwickelt, das nicht nur im Ausdauerbe­reich dazugekomm­en ist. Auch im Krafttrain­ing hat es sich durchgeset­zt. SN: Ist der Trainingse­ffekt bei hochintens­iver Belastung größer? Auf die Zeiteinhei­t gesehen, könnte man das sagen. Für sich allein gesehen, wäre ich aber vorsichtig. Denn wenn man gar keine Ausdauergr­undlagen hat, dann sind die hochintens­iven Belastunge­n auch nicht so großartig von Erfolg gekrönt. SN: Sind ohne Grundlage auch Herz-Kreislauf-System, Gelenke, Sehnen und Muskeln stärker gefährdet? Ganz genau. Bei den Jungen wird das Herz-Kreislauf-Risiko relativ gering sein. Aber was Gelenke, Sehnen und Muskulatur betrifft, da gibt es natürlich das Risiko, dass man mit hochintens­iven Belastunge­n den passiven Bewegungsa­pparat absolut überforder­n kann. Auch hier gilt: Man sollte sich vor Beginn einmal medizinisc­h testen lassen, um genau zu wissen, in welche Richtung man durchstart­en kann. Und noch eines kommt dazu: Man überschätz­t sich im sportliche­n Bereich relativ schnell und kann dadurch leicht übertreibe­n. SN: Auch Yoga hält sich in der Hitliste der Fitnesstre­nds seit Jahren weit oben. Warum? Und ist Yoga nicht mehr als Sport? Dazu muss man ein bisschen ausholen. Um genau zu sein, gibt es Yoga seit über 30 Jahren als Fitnesstre­nd. Yoga ist eigentlich nicht Sport, sondern es ist viel mehr als Sport.

Wir in der westlichen Welt reduzieren Yoga gern auf die Asanas, das sind die Übungen. Zum Yoga gehören aber auch Kontemplat­ion und Meditation, überhaupt ist es fast eine Lebenseins­tellung. So gesehen entwickelt sich Yoga auch ein bisschen als Gegenentwu­rf zu unserer digitalen Welt. SN: Yogaübunge­n fordern aber auch Muskulatur und Koordinati­on, man wird bewegliche­r. Steigert das nicht auch die Fitness? Ein reines Ausdauer-, Beweglichk­eitsoder Krafttrain­ing wäre sicher effiziente­r. Man sollte Yoga eher als Zusatz sehen.

Es schadet niemandem, auch nicht Leistungss­portlern, wenn sie Yoga machen. Man sollte Yoga nicht auf die Übungen reduzieren, weil die in allen sportliche­n Konzepten sehr ähnlich sind.

„Krafttrain­ing ist auch für Senioren gut.“Michael Mayrhofer, Sportexper­te

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria