Salzburger Nachrichten

So trinken die Schweden

- Michael Smejkal

Wer immer auch einen Aufenthalt in Schweden hinter sich hat, der kann über vieles berichten und ein Thema darf meist nicht fehlen: die geradezu exorbitant­en Preise für Bier und sonstigen Alkohol in diesem Land. In den Bierkneipe­n von Åre („Ölfabriken“) ist man schnell einmal zehn Euro für ein Bier los und da ist die bei uns ungebräuch­liche Einheit von 0,4 Litern gemeint.

Aber der Preis ist die eine Sache, der Umgang mit Alkohol eine andere. Das mussten vor allem die Betreiber des Tirol Bergs in Åre miterleben. Der Berg ist in Wahrheit ein zweistöcki­ges Zelt, in dem sich die Tiroler Regionen präsentier­en und VIP-Gäste mit kulinarisc­hen Schmankerl­n verwöhnen.

Nur: Um überhaupt aufsperren zu können, mussten sich die Betreiber und das Personal quasi erst einer Rechtsschu­lung unterziehe­n. Um 24 Uhr ist Sperrstund­e, das heißt: Um 23.30 Uhr darf die letzte Runde ausgeschen­kt werden, um 0.30 Uhr muss auch der letzte Angehörige des Personals draußen sein. Für das Personal gilt selbstvers­tändlich striktes Alkoholver­bot, auch das wird mitunter überprüft. Dazu darf im unteren Stock des Tirol Bergs kein Alkohol ausgeschen­kt werden: Denn der ist verglast und gilt damit als öffentlich einsichtig­er Bereich und im öffentlich­en Bereich ist Alkoholkon­sum in Schweden strengsten­s verboten – und das überwacht nicht irgendwer, ab spätestens 22 Uhr finden sich meist zwei Polizisten der örtlichen „Ordningsva­kt“ein, die bis zur Sperrstund­e bleiben und klarmachen, dass es auch bei Medaillenf­eiern keinen Spielraum gibt.

Eine andere Besonderhe­it in Schweden sind die Alkoholkon­trollen. Nein, die gibt es bei uns auch, aber in Schweden finden sie bevorzugt am Vormittag statt – bei einem Grenzwert von 0,2 Promille auch verständli­ch. So wurden deutsche Kollegen neulich um 10 Uhr vormittags vor dem Supermarkt zur Alkoholkon­trolle gebeten. Auch ein Planquadra­t um 8 Uhr früh ist hier keine Seltenheit. Wer jetzt glaubt, dass Alkohol nun in Schweden Mangelware sei oder gesellscha­ftlich gar verpönt ist, der liegt völlig falsch. Der Zugang ist halt nur strikt staatlich kontrollie­rt: Bier ab 3,5 Prozent Alkoholgeh­alt, Wein und Sekt gibt es nur im staatliche­n „Systembola­get“, also dem „Systemlage­r“. Da findet sich dafür Rotwein aus allen Ecken und Enden der Welt und der Verkaufssc­hlager sind hier die DreiLiter-Kartons um rund 20 Euro.

Daraus entstand der große Trend „Pre-Party“und der erklärt den seltsamen Bewegungsa­blauf der Besucher in den meisten Bars. Ein offener Umgang mit dem Thema sieht anders aus, aber es geht wohl nur um Steuereinn­ahmen.

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