Eine WM der gemischten Gefühle
Für das vom Wetter ausgelöste Chaos darf man niemandem Vorwürfe machen. Zufallssieger gab es auch in Åre nicht. Unsere Herren werden die Bilanz weiter aufbessern, und warum sollen nicht die Slalom-Damen eine Medaille holen?
Die Titelkämpfe sind bald wieder Geschichte und ich blicke mit gemischten Gefühlen zurück. Das Wetter hat einfach nicht ganz mitgespielt. Beginnend mit dem Chaos bei der Anreise. Jene Athleten, die ewig am Flughafen festsaßen, ohne eine Möglichkeit weiterzukommen und sich auszuruhen, mussten hohe Belastungen für Körper und Geist verarbeiten.
Die Abfahrten wurden „durchgeboxt“. Verständlich, wenn man rückblickend die Wetterentwicklungen betrachtet. Der Spannung tat dies jedoch keinen Abbruch, was nicht zuletzt den fulminanten Finalrennen von Lindsey und Aksel zu verdanken ist. Wettertechnisch hat uns Schweden viele Varianten gezeigt, und auch den Veranstaltern darf man keine Vorwürfe machen. Sie haben alles gegeben, um die Rennen überhaupt möglich zu machen. Die Rennläufer hatten dennoch mit schwierigen Situationen zu kämpfen. Diese unterschiedlichen Schneebedingungen machten es fast unmöglich, sich hundertprozentig vorzubereiten.
Nichtsdestotrotz erübrigt sich die Frage, unter welchen Bedingungen die neuen Weltmeister ermittelt wurden. Wenn ich an meine Großereignisse zurückdenke, war auch nicht immer alles so, wie ich es mir gewünscht hatte. Am Ende stehen immer die Schnellsten auf dem Podest. Das waren auch bei diesen Titelkämpfen keine Zufallssieger.
Hier wären wir auch schon beim Abschneiden unseres Teams. Bei den Herren kann man bisher sehr zufrieden sein. In den Speedrennen je eine Medaille ist eine Bilanz, die sich
Die glücklosen ÖSV-Damen haben ihre Lektion gelernt
sehen lassen kann. Mit ein bisschen Glück wäre noch mehr drinnen gewesen. Ich denke hier vor allem an Matthias Mayer. Der Mut von Hannes Reichelt beim Nummernpoker in der Abfahrt wäre auch fast belohnt worden. Unser Slalomteam für das Finale am Sonntag ist sehr stark und es müsste sehr viel schieflaufen, dass wir nicht mindestens eine Medaille holen. Ich freue mich auf ein spannendes Rennen!
Die Damen hatten das Hundertstelglück nicht auf ihrer Seite. Wären Abfahrt und Kombination aufgegangen, würde wohl keiner lang von verpassten Chancen sprechen, sondern die WM zufrieden abschließen. Man hatte sich von unseren „schnellen Damen“vieles erwartet. Auch ich dachte, dass in diesen Disziplinen mindestens zwei Medaillen drinnen seien. Die Erwartungshaltung der Athletinnen war viel höher als 2017 in St. Moritz. Dort konnten sie unbekümmert als Außenseiterinnen starten. Zu wissen, man ist unter den Favoritinnen, löst unbewusst mehr Anspannung aus. Eine Spur zu viel und man steht verkrampft auf dem Ski. Die nötigen Hundertstel sind so schnell verspielt. Das alles sind Lektionen für die Zukunft. Nun heißt es abhaken und den Fokus auf den Weltcup legen, wo viel möglich ist.
Der Riesenslalom war durch Verhältnisse ein sehr schwieriges Rennen, um den Fokus zu halten. Petra Vlhová, der das am besten gelang, wurde mit Gold belohnt. Ihr Gefühl beim Fahren war sicher nicht gut und auch die Fahrt selbst fehlerhaft. Sie ließ sich jedoch nicht von ihrer Linie abbringen und konnte die Ski so gut wie möglich gehen lassen. Das ist der großen Favoritin, Mikaela Shiffrin, nicht so gut gelungen. Sie hatte Probleme, sich auf diese Bedingungen einzustellen und an ihr Limit zu gehen. Ihr erklärtes Ziel war Gold. Dafür hat sie Abfahrt und Kombination nicht bestritten, um sich perfekt vorbereiten zu können. Am Ende überhaupt eine Medaille aus diesem Rennen mitzunehmen, weiß sie im Nachhinein sicher sehr zu schätzen.
Auch im Slalom heißt die Favoritin Mikaela Shiffrin. Petra Vlhova hat jedoch schon einen Kombinationsslalom auf dieser Strecke in den Beinen und ebenso wie Mikaela zwei Medaillen in der Tasche. Beide konnten auch ihre ersten Weltcupsiege auf diesem Hang feiern. Dieses Duell kann wieder spannend werden.
Unseren Damen droht eine medaillenlose WM. Im Slalom waren sowohl Bernadette als auch Katharina Liensberger in dieser Saison schon auf dem Podest. Bernadette konnte zuletzt im Weltcup nicht nach Wunsch abschneiden. Ausfälle und der dadurch folgende Gefühlsverlust durch Punkte- und Ergebnisdenken waren der Auslöser. Das alles kann sie beim WM-Rennen völlig beiseitelassen, denn hier zählt wirklich nur dieses eine Rennen! Die Bedingungen sind außergewöhnlich und die Erwartungshaltung ist nicht allzu hoch. Eine Situation, die sich positiv auswirken kann. Die Hoffnung stirbt zuletzt und vielleicht schaffen es gerade unsere Technikerinnen, die Kohlen noch aus dem Feuer zu holen!