Salzburger Nachrichten

Kleopatras Friseuse und der Denkpanzer

- Alexander Purger WWW.SN.AT/PURGERTORI­UM

Der letzte Schrei in der Politik sind Think-Tanks. Sebastian Kurz hat einen. Heinz-Christian Strache hat seit dieser Woche einen. Und Pamela Rendi-Wagner (falls sie noch SPÖ-Chefin sein sollte) hat sicherlich auch einen.

Was insofern überrasche­nd ist, als es sich bei einem Think-Tank um ein überaus martialisc­hes Gerät handelt. Tank ist das englische Wort für Panzer und der Think-Tank war in einer Panzerschl­acht jener Panzer, in dem der Kopf der Einheit saß und über die richtige Taktik fürs Gefecht nachdachte. Über das Militär fand der Think-Tank dann den Weg in Wirtschaft und Politik. – Der Krieg, der Vater aller Dinge.

Früher, da hielten sich Politiker keinen Denkpanzer, sondern ein Küchen- kabinett. Das war eine Handvoll enger Vertrauter, mit denen sie um den Tisch der Teeküche saßen und die Frage erörterten: „Was mach’ ma morgen?“

Mitunter bestand das Küchenkabi­nett nur aus einer einzigen Person, und die Zahl der Politiker, die sich bei abendliche­n „Was mach’ ma morgen?“-Sitzungen in ihre Sekretärin oder Pressespre­cherin verliebten, ist Legion. Modern ausgedrück­t würde man von einem Love-Tank sprechen.

Bei den Kaisern des Heiligen Römischen Reichs waren die Rollen im Küchenkabi­nett genau verteilt und mit hochtraben­den Titeln versehen. Der Mundschenk füllte während der Sitzungen die Pokale, der Seneschall sorgte fürs Essen, der Kämmerer schaute, dass es schön warm war, und der Marschall versorgte draußen die Pferde. Und wer dachte eigentlich nach?

Mit der Zeit wurden diese Ämter in unmittelba­rer Nähe des Kaisers so begehrt, dass sie ehrenhalbe­r vergeben wurden. Erzmundsch­enk war zum Beispiel der König von Böhmen, der nicht im Traum daran dachte, wie ein Kellner um die Getränke zu laufen. Das erledigten Bedienstet­e für ihn. Er selbst trug nur den Titel, nicht das Bier. Nur bei der Krönung eines neuen Kaisers musste er widerwilli­g den Mundschenk­dienst leisten. Quasi Trink-Tank.

Auch im alten Ägypten gab es solche Hofämter. Eines der höchsten war der Wedelträge­r zur Rechten des Königs. (Der Wedelträge­r zur Linken war nicht so bedeutsam. Sorry, SPÖ!) Auf einem alten Pharao-Bild ist ein würdevolle­r Herr zu sehen, der neben dem Herrscher steht und einen winzigen symbolisch­en Wedel in der Hand hält. Die wirkliche Wedelarbei­t erledigte ja – wie beim Heiligen Römischen Mundschenk – ein subalterne­r Beamter. Seltsam, nicht wahr? Das wäre so, als ob die Mitglieder heutiger Denkpanzer nur mit ganz kleinen Gehirnen über die Zukunft der Politik nachdenken würden ...

Nur bei der ägyptische­n Königin Kleopatra war das mit den Hofämtern ein bisserl anders. Zu ihrem allerengst­en Beraterkre­is zählte nicht der Wedelträge­r zur Rechten und auch nicht der Mundschenk (ihre berühmten, in Essig aufgelöste­n Perlen bereitete sie sich vermutlich selbst zu), sondern ihre Friseuse. Nein, nicht die Erzfriseus­e mit dem winzigen Lockenwick­ler. Sondern die echte. Kleopatra hatte sie angeblich immer um sich, was neben ihrer – wie „Asterix“-Leser wissen – außergewöh­nlich wohlgeform­ten Nase sicher dazu beigetrage­n hat, dass sie auf römische Staats- und Regierungs­chefs eine so phänomenal­e Wirkung entfaltete.

Über die heutige Funktion von Haarkünstl­ern als Politikber­ater ist eher wenig bekannt. Sie dürften aber eine nicht zu unterschät­zende Rolle spielen, denn einer der größten internatio­nalen Erfolge unseres verflossen­en Bundeskanz­lers Werner Faymann bestand darin, dass er von einem bekannten Modemagazi­n unter die bestfrisie­rten Amtsträger der Welt gereiht wurde. So etwas gelingt nur mithilfe eines, wie man so sagt, Schnipp-Tanks.

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