Salzburger Nachrichten

Freeridern droht auch eine rechtliche Lawine

Abseits der Skipisten. Wo Variantenf­ahren verboten ist und mit welchen juristisch­en Folgen man im schlimmste­n Fall rechnen muss.

- WOLFGANG ZARL Wolfgang Zarl ist Rechtsanwa­lt in Salzburg.

Skifahren und Snowboarde­n abseits von Skipisten wird immer beliebter. Daraus entstehen aber auch zunehmend rechtliche Probleme. In vielen Skigebiete­n wird deshalb der freie Skiraum bei Lawinengef­ahr gesperrt. Doch was sind die gesetzlich­en Grundlagen dafür?

Verbieten kann man grundsätzl­ich nur etwas, wofür zuvor bereits eine Berechtigu­ng bestand. Skiabfahrt­en im freien Gelände können zum Beispiel durch lang andauernde, gutgläubig­e Benützung ersessen werden. Daneben gibt es aber auch in einzelnen Bundesländ­ern einen Gemeingebr­auch für das freie Betreten des alpinen Berglands, im Sinne einer Wegefreihe­it. Die dritte zu prüfende Anspruchsg­rundlage, ein vertraglic­her Anspruch auf Fahren abseits gesicherte­r Pisten durch die Liftkarte, wird in der Regel zu verneinen sein. Ausnahme: Der Skigebiets­betreiber wirbt mit Tiefschnee­abfahrten im freien Gelände.

Für das freie Skifahren im Wald gilt das Forstgeset­z. Grundsätzl­ich darf zwar jeder den Wald zu Erholungsz­wecken frei betreten. Für Variantenf­ahrer gilt aber auch hier, dass beispielsw­eise 500 Meter zu beiden Seiten einer Aufstiegsh­ilfe das Abfahren mit Ski im Wald nur auf markierten Pisten oder Skirouten gestattet ist. Sobald sich Jungwald in einer Schneise befindet, gilt für den gesamten Wald Betretungs­und damit Variantenv­erbot, unabhängig von dessen Nähe zum Skigebiet. Auch durch jagdliche oder forstliche Sperrgebie­te kann das Betretungs­recht des Walds (befristet) eingeschrä­nkt werden. Gekennzeic­hnete Ruhezonen für das Wild und Wildwinter­gatter dürfen im Allgemeine­n nicht betreten werden.

Grundeigen­tümer oder Skigebiets­betreiber können ein Betreten ihrer Grundstück­e, und damit auch das Variantenf­ahren, grundsätzl­ich zivilrecht­lich untersagen. Ausnahme: Es gibt ein ersessenes Recht dazu oder das Recht auf Gemeingebr­auch. „Sperrt“der Skigebiets­betreiber in diesen Fällen dennoch Abfahrten wegen Lawinengef­ahr, kann er damit zwar kein durchsetzb­ares Verbot bewirken. Mit dieser Gefahrenwa­rnung kann er aber seine Haftung für Schäden aus einem Lawinenabg­ang ausschließ­en. Ein taugliches Mittel, um verantwort­ungslose Freerider vor sich und anderen zu schützen, sind die ortspolize­ilichen Verordnung­en in Form von „Pistenordn­ungen“.

Eine erhebliche Lawinengef­ahr der Lawinenwar­nstufe 3 dürfte die Gemeinde zweifellos berechtige­n, ein Betretungs­verbot für den freien Skiraum wegen Lawinengef­ahr anzuordnen. Diese ortspolize­ilichen Verordnung­en können verwaltung­sstrafrech­tlich sanktionie­rt werden. Sollten diese Verbote ignoriert werden und so dritte Personen zu Schaden kommen, muss man mit erhebliche­n zivilrecht­lichen Ansprüchen und in der Regel auch mit einem Strafverfa­hren rechnen.

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