Der ökologische Fußtritt
Heutzutage ist es aufgeklärten Erdenbürgern mit Verantwortungsgefühl selbstverständlich geworden, in ihr Verhalten auch eine Überlegung wie die nach dem ökologischen Fußabdruck einzubeziehen. Wie so oft behelligen sich allerdings genau jene Personen nicht mit solchen Gedanken, deren Entscheidungen das größtmögliche Unheil anrichten können, weil sie etwa Präsidenten der USA oder Brasiliens sind! Während unsereiner bei seinem Handeln also den ökologischen Fußabdruck mitbedenkt, gefallen sich solche Staatenlenker unverfroren darin, der Welt möglichst kräftige ökologische Fußtritte zu verpassen.
Ich bin noch in einer Zeit aufgewachsen, in der kein Mensch an den ökologischen Fußabdruck gedacht hat, aber so gut wie alle Menschen in meiner Umgebung nicht einmal den Hauch eines solchen Abdrucks hinterließen auf ihren von harter Erwerbsarbeit und Entbehrungen gezeichneten Lebensspuren.
So gesehen haben mir meine Eltern – und mehr noch ihre Eltern ihnen! – zwar keine materiellen Güter vererben können, dafür aber der Menschheit ein Vermögen weitergegeben, von dem damals weder ich noch sonst jemand Notiz genommen hat. Es hat durchaus Witz, dass dieses damals unsichtbare Vermögen, das meine Eltern bei ihrem Tod vor 45 Jahren hinterlassen haben, aus ihrer lebenslangen materiellen Einschränkung entstanden ist und sozusagen noch zusätzlich von ihrer persönlichen Bedürfnislosigkeit verzinst wurde: An eine Flugreise niemals auch nur zu denken war für sie lebenslange Selbstverständlichkeit. Kein Auto zu besitzen und hauptsächlich zu Fuß zu gehen, mit dem Fahrrad oder dem Zug zu fahren, ebenso. Wir hatten ein gebraucht erworbenes und nur sehr überlegt – also selten – benutztes Motorrad, eine Zeit lang eines mit Beiwagen, um damit bei passendem Wetter einmal jährlich auf Verwandtenbesuch in die Wachau zu fahren. Apropos ökologischer Fußtritt: Mit ihm leben wir auch im Kleinen sozusagen Tür an Tür, wenn es für manche Mitbürger normal ist, selbst für kürzeste Strecken ihren radpanzerartigen SUV zu besteigen, um sich das Frühstücksgebäck zu besorgen oder nach der Heimkehr vor dem Aussteigen noch eine Viertelstunde bei laufendem Motor im Auto sitzen zu bleiben, um auf das Mobiltelefon zu starren. Zu jeder Zeit sorgen hochintelligente Menschen für wunderbare technische Errungenschaften, die dann von manch anderen sofort dafür benutzt werden, um auf die Unausrottbarkeit menschlicher Dummheit aufmerksam zu machen. Eine Dummheit leider, von deren Folgen nicht mehr nur die Dummen allein, sondern sogar nachfolgende Generationen betroffen sind. Da das Leben bekanntermaßen vieles ist, nur nicht gerecht, sorgt es auch bei dem erwähnten Beispiel für einen zynischen Ausgleich: Wenn unsereinem der SUV-Verzicht womöglich das angenehme Gefühl beschert, sich nicht komplett bescheuert zu verhalten, so dürfen sich zum Ausgleich dafür Innenstadt-SUV-Fahrer sowie PS- und Hubraum-Fetischisten darüber freuen, deswegen von keinerlei irritierenden Gedanken belästigt zu werden. Und ist seit meiner Kindheit nicht auch gleich geblieben, dass die – nunmehr bewusste – Beachtung des ökologischen Fußabdrucks zwar die Menschheit, selten aber den achtsamen Menschen bereichert – sich hingegen der ökologische Fußtritt für rücksichtslose Treter auch persönlich bezahlt machen kann?