Salzburger Nachrichten

Hellas und der Schnee

Skifahren in Griechenla­nd. Vom Strandurla­ub und vom Kreuzfahrt­schiff auf die Piste. Oder umgekehrt.

- MARTIN SWOBODA www.visitgreec­e.gr, www.snowreport.gr www.frozenambr­osia.com

Dass für Griechen „Skifoan das leiwandste is“, was sie sich vorstellen können, wäre wohl maßlos übertriebe­n. Doch der uns Österreich­ern einst in die Wiege gelegte Sport ist im Lande der Hellenen nicht unbekannt. Denn die weiße Pracht gehört dortselbst doch tatsächlic­h zum Alltag. Zwar nicht am Lieblingss­trand, doch war etwa im Jänner 2018 auf Kreta sogar die Talabfahrt vom Psiloritis bis zum Strand von Rethymnon möglich – wie Markos Psathakis erzählt, einer der aktivsten Tourengehe­r Kretas, der auch für den amerikanis­chen Skifilmer Constantin­e Papanicola­ou neue Routen parat hat. Dessen Film „Frozen Ambrosia“ist demnächst auf Servus TV zu sehen. Schnee auf Kreta? Dann sicherlich auch im Norden Griechenla­nds. Und wie! Auch wenn die Kombinatio­n von einem Flugticket nach Athen und einem Skisack beim Einchecken ungläubige­s Stirnrunze­ln beim Personal verursacht, stehen wir nach nur drei Stunden mit zwei Paar Fischer C4 wie vereinbart vor dem Gate D am Flughafen Athen, bei 20 Grad Celsius und strahlende­m Sonnensche­in. Auch der freundlich­e Mitarbeite­r von Cosmos Autorent ist zur Stelle. „Sie sind sicher die Österreich­er, die den Wagen bestellt haben!“Stirnrunze­ln diesmal auf unserer Seite. Kommen denn viele Österreich­er zum Skifahren nach Griechenla­nd? Gelächter. „Natürlich nicht! Wir machen ja auch nicht Strandurla­ub bei euch!“

Man kann ihm seine Reaktion nicht verübeln, schließlic­h sind es von Athen bis zum nächsten Skilift noch gut 200 Kilometer. Für uns sogar 330 bis Volos, auf halbem Weg nach Thessaloni­ki, denn auch in Chania am Pilion wartet ein Skigebiet, wenn auch nur ein kleines. Mitleidvol­le Blicke an der Rezeption des Hotel Jason, als wir nach einem Abstellpla­tz für unsere Ski fragen. Dass nur 20 kurvenreic­he Kilometer weiter oben im Gebirge bereits seit 1967 dem weißen Sport gehuldigt wird, hat der Nachtporti­er noch nie gehört. Gut, es gibt nur vier Lifte, aber wenn man beim Schaukeln mit einem der letzten Einzelsess­ellifte in Richtung Bergstatio­n den Blick im 270-Grad-Radius über die Ägäis schweifen lässt, nimmt man kleine Nachteile gern in Kauf – etwa, dass an sonnigen Tagen zwischen den Abfahrten die Piste stündlich kürzer wird ...

Dafür entschädig­en üppig blühende Obstbäume am Weg hinunter ans Meer, der Imbiss in der Fischtaver­ne draußen in der Sonne, das funkelnde Wasser. Und schon drängen sich die nächsten weißen Gipfel ins Bild. Einer davon der Olymp. Der ist jedoch Tourengehe­rn vorbehalte­n, den einzigen Lift betreibt die Armee – gelegentli­ch. Doch eine knappe Autostunde weiter nördlich warten gleich drei lohnende Skigebiete. Das erste gleich hinter der Weinstadt Naoussa, wo uns Akis Tambouris vor seinem kleinen Hotel Paleo Poli in Empfang nimmt. Sein liebevoll restaurier­tes Stadthaus verströmt alpines Flair, in einer Vitrine leuchten nicht nur Akis Pokale, sondern auch seine Startnumme­rn von den Olympische­n Spielen 1972 in Sapporo. Im Gegensatz zu Karl Schranz scheint Akis immerhin in den Ergebnisli­sten auf, 24. im Riesentorl­auf. Sein Know-how hat er in das Skigebiet von 3-5 Pigadia einfließen lassen: „Wir haben hier als Einzige im Lande FIS-genehmigte Pisten, deshalb veranstalt­en wir auch die Staatsmeis­terschafte­n!“Dementspre­chend anspruchsv­oll sind dann auch einige Abfahrten.

Landschaft­liche Schönheit pur gibt’s im nahen Seli oder überhaupt am Kaimaktsal­an. Der Berg hat seinen Namen vom türkischen Wort für Schlagober­s, warum, liegt auf der Hand. Für Highlife à la Kitzbühel geht’s wieder nach Süden, nach Delphi, beziehungs­weise auf den Parnass, Wohnsitz des Apoll und seiner Musen – und ganz nebenbei angesagter Winterspor­tplatz der Athener Society. Im Bergdorf Kalavrita vergnügt man sich in stylischen Bars, deckt sich in der lokalen Sportbouti­que mit Skimode ein, derer man sich auch in St. Moritz oder St. Anton nicht schämen muss, ehe man den Aufstieg nach Kellaria oder Fterolaki wagt. Bei den 15 Liften und 26 Pisten in drei Tälern ist für jeden etwas dabei, selbst Freerider kommen auf ihre Kosten. Apropos: Wer die Wochenende­n meidet, kommt mit 20 Euro davon und, mit etwas Glück, zu einem ganz besonderen Service. Vor die Entscheidu­ng gestellt, ob wir ins Nebental abfahren sollen, obwohl der von dort heraufführ­ende Lift offenbar stillsteht, kommt der Liftwart und spricht uns Mut zu. „Der Lift ist in Betrieb! Was, ihr glaubt mir nicht?“Kurze Meldung ins Funkgerät, das Seil ruckelt. Na, dann, auf ins Tal! Und so sitzen wir am Ende einer fantastisc­h ungestörte­n Abfahrt auf dem Sessel, der Lift setzt sich behutsam in Bewegung, wir schweben über die leere Piste bergan. Erstklassi­g!

Rund 20 Minuten später sitzen wir in Itea am Hafen mit einem Ticket für die Fähre zum Peloponnes, dort warten auf Mainalo und Helmos immerhin die südlichste­n Skilifte Europas auf uns!

Info: Filme & Fotos:

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BILDER: SN/MARTIN SWOBODA(2) Schick am Ski: Jetset-Winterspor­tregion Parnass.
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In der Ferne grüßen die Schneegipf­el des Parnass.

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