Fünf Dinge, die die Gemeinden jetzt brauchen
Warum es höchste Zeit ist, die Nöte der Regionen ernster zu nehmen und die Kommunen zu stärken.
In Zeiten globaler Verunsicherung wächst das Vertrauen in den unmittelbaren Lebensbereich. Die Gemeinden als Herzstück der Demokratie profitieren von dieser Entwicklung seit Jahren. Die Bereitschaft, sich für die lokale Gemeinschaft zu engagieren, ist groß wie nie. Das belegt das vitale Vereinsleben in den Orten ebenso wie die Heerscharen von Freiwilligen und Ehrenamtlichen, die stets zur Stelle sind, wenn eine helfende Hand fehlt. Selbst die ansonsten so wuchernde Politikverdrossenheit ist auf kommunaler Ebene deutlich geringer ausgeprägt. Das zeigen alle Umfragen, ebenso wie das wachsende Interesse an regional erzeugten Produkten. Immer mehr Menschen wollen wissen, woher ihre Lebensmittel und Waren kommen. Es schlummert also wieder gehöriges wirtschaftliches Potenzial in den Ortschaften.
Doch dieses Stimmungshoch für den regionalen Raum kontrastiert (noch) erheblich mit der Realität. Man muss nicht in kleine Dörfer fahren, um die Zeichen bitterer Ausdünnung zu erfahren. Ein Kurort wie Bad Hofgastein ruft krassen Ärztemangel aus. In einer Kleinstadt wie Oberndorf im ansonsten boomenden Flachgau fehlt Elemen- tares: Wirte, Cafés, Restaurants.
Für kommunale Politiker ist das Ringen um Infrastruktureinrichtungen – vom Wirt über lokale Händler bis zu Ärzten und Polizisten – zum täglichen Kampf geworden. Nicht selten sind sie dabei alleingelassen. Denn die große Politik ist zu sehr auf die Ballungsräume und Wasserköpfe fokussiert. Sie erkennt die Sprengkraft der Entwicklung auf dem Land – die sich in wachsenden Proteststimmen bei Urnengängen längst manifestiert – noch immer nicht ausreichend. Und lässt die Chancen ungenutzt, die sich durch die Rückbesinnung der Menschen auf das Regionale eröffnen. Postulat Nummer eins richtet sich deshalb an die Politik: Die Zeit ist günstig wie selten, neue, kreative Wirtschaftskonzepte und Initiativen für ländliche Regionen offensiv anzugehen. Packt es endlich an!
Der Gemeindewahlkampf in Salzburg offenbart neben den infrastrukturellen Nöten aber auch drängenden Reformbedarf im kommunalen politischen Geschehen. Die Bürgermeister sind dank Direktwahl fast zu Alleinunterhaltern geworden. Allmacht ist im politischen Geschäft aber nie gut, oft nicht einmal für jene, die sie ausüben dürfen. Denn sie befördert nicht nur Machtmissbrauch, sie bringt auch Überforderung. Tatsächlich ist es auf Dauer kaum auszuhalten, de facto rund um die Uhr verfügbar sein zu müssen. Und es wird prekär, wenn dann noch strukturelle Absicherungen fehlen. Gerade Bürgermeister, die in der Privatwirtschaft tätig sind, überlegen es sich drei Mal, ob sie lang im Amt bleiben. Denn die sozialrechtliche Absicherung ist mangelhaft, gerade in der Pension drohen empfindliche Einbußen im Vergleich zum Brotberuf. Dazu kommt, dass Bürgermeister immer öfter vor Gericht stehen, weil Bürger wegen strittiger Entscheidungen oder Unfällen die Gemeinde zur Rechenschaft ziehen. Das ist ihr gutes Recht, doch der Bürgermeister gerät dabei auf verdammt dünnes Eis: Erkennt ein Gericht fahrlässiges Handeln, haftet er mit seinem Privatvermögen. Und im Gegensatz zu Abgeordneten des Landtags oder Nationalrats ist er auch nicht vor Strafverfolgung geschützt.
All diese Strukturschwächen haben längst tief greifende Folgen: (Jüngere) Bürgermeister werfen immer öfter das Handtuch. Die Parteien scheitern immer öfter bei der Kandidatensuche. Fast jede vierte Gemeinde kann heuer nur einen Bürgermeisterkandidaten aufbieten. Besonders symbolträchtig ist die Pongauer Kleinstadt Radstadt, wo selbst die dominierende ÖVP keinen Kandidaten fand und damit der FPÖ das höchste Amt kampflos überlassen muss. Eine Pleite, die Postulat Nummer zwei durchaus befördern könnte: Die Haftungsfragen sowie die (sozial) rechtliche Absicherung der Bürgermeister gehören überdacht und besser geregelt.
Auch die Postulate drei und vier ergeben sich fast von selbst: Als Gegengewicht zu den mächtigen Bürgermeistern drängt sich mehr direkte Demokratie samt größerer Transparenz in der Gemeindepolitik regelrecht auf. Die lebendigen Debatten vor den Wahlen zeigen das starke Interesse der Bürger. Dieses nur alle fünf Jahre für Wahlen zu mobilisieren
ist pure Vergeudung. Für mehr direkte Demokratie spricht auch der Umstand, dass sich die Bürger bei kommunalen Entscheidungen einfacher ein authentisches Bild machen können. Ob Bürgerräte wie in Vorarlberg, mehr Volksbefragungen oder auch verpflichtende Bürgervoten – das gehört intensiv und umfassend diskutiert. Der Weg dorthin sollte aber klar sein, auch weil er mehr Transparenz in kommunale Entscheidungen brächte.
Bleibt Postulat Nummer fünf, das sich an alle Bürger richtet. Wer den ländlichen Raum stärken will, muss entsprechend handeln. Der lokale Händler oder Dorfwirt wird nur überleben, wenn er auch besucht wird. Infrastruktur wird nur wachsen, wenn sich Menschen tummeln. Und die intakte Natur lässt sich nur bewahren, wenn sie behutsam und sensibel genutzt wird. Es liegt also auch an uns allen, ob Salzburg stärken kann, was elementar wichtig ist – ein vitaler, lebendiger ländlicher Raum.