„Die Form qualifiziert den Inhalt“
Redegewandtheit gehört zu einem guten Auftritt dazu und kann einem (nicht nur im Job) Tür und Tor öffnen.
E„Es geht auch ungeschliffen und wenig überzeugend“, sagt Kommunikationstrainer Karsten Stölzgen: „Wer über eine gute Rhetorik verfügt, hat es aber fast überall leichter.“Heißt: Gut gesprochen ist halb gewonnen. Ob beim Vorstellungsgespräch, beim Meeting mit Kollegen oder als Chef, der vor versammelter Mannschaft die Geschäftszahlen präsentiert: Reden ist angesagt. Reden, um andere von sich zu überzeugen, um Ziele zu erreichen und Pläne zu offenbaren oder um andere zu beeinflussen. Manch einer spricht sogar davon, dass gute Rhetorik einen entscheidenden Karrierefaktor darstellt. Generell versteht die Wissenschaft unter dem Begriff Rhetorik die kommunikative Beeinflussung des Menschen durch den Menschen. Zur „modernen“Form gehören allerdings nicht mehr nur das geschriebene und gesprochene Wort, sondern auch Bilder und Musik. Vor allem in der Berufswelt ist diese kommunikative Beeinflussung des Gegenübers kein unwesentliches Thema. Wie wichtig ist Rhetorik im Job? „Das hängt sehr vom Job ab. Wer mit Menschen zu tun hat, ist meistens irgendwie damit beschäftigt, andere zu überzeugen. Das gilt für den Kellner genauso wie für die Teamleiterin“, erklärt der Kommunikationstrainer, „je mehr wir überzeugen, umso mehr können wir bewegen – oder Trinkgeld erhalten.“Stölzgen
ist Lehrender an der Universität Salzburg. Seine Spezialgebiete: argumentative Selbstverteidigung, rhetorische Improvisation und experimentelle Rhetorik. Problem: Reden vor Publikum
Für die „perfekte“Rede im Berufsleben sollte man sich vorbereiten: mental, formal und inhaltlich. Denn: Das Grundproblem, warum sich Menschen in Sprechsituationen unwohl fühlen, ist mangelnde oder falsche Vorbereitung – auch der scheinbar perfekte Rhetoriker schüttelt seine Rede nicht einfach aus dem Ärmel. Davon ist zumindest Sprechtrainer Thomas Klock überzeugt: „Das große Geheimnis der Spitzensprecher ist: Sei vorbereitet.“
Wie geht man das am besten an? „Üben Sie konsequent und regelmäßig für Sie geeignete Übungen, niemals mit oder vor anderen, sondern immer ganz allein, vor einem großen Spiegel und beobachten Sie sich dabei.“
Für den umfassend gelungenen Auftritt sollte ein wichtiger Punkt zudem nicht vergessen werden: Das Selbstbild. „Die Qualität des inneren Bildes Ihrer Sprechsituation bestimmt, wie Sie darüber denken, was Sie dabei fühlen und wie Sie diesbezüglich handeln“, beschreibt Klock in seinem Werk „Fit für alle Sprechsituationen“. Neben einer guten formalen und inhaltlichen Vorbereitung gilt also vor allem auch eines: Visualisieren.
Das „innere Bild des Gelingens“sorgt dafür, dass der Erfolg auch tatsächlich eintritt. Wie das funktioniert? Vorstellungen, die wir in uns tragen, bestimmen das Denken, Fühlen und Handeln eines jeden Individuums. Stellt man sich nun vor, erfolgreich und redegewandt vor Publikum zu sprechen, ist ein erster Weg dahin quasi geebnet: „Das Gehirn macht keinen Unterschied zwischen vorgestellten oder tatsächlich eingetretenen Erlebnissen.“Es braucht „gehirngerechtes Vorbereiten“– positives Denken allein ist zu wenig, wie Klock betont: „Man setzt so etwas wie einen Trick ein, mit dem die Bilder des Gelingens leicht und schnell in der Praxis genutzt werden können.“
In Sachen formale Vorbereitung rücken die Körpersprache und die Stimme des Redners in den Vordergrund. Frei nach dem Motto: „Die Form qualifiziert den Inhalt.“Es geht um die richtige Darstellung der Sprechsituation. Klock: „Man muss seine Botschaft in Szene setzen. Immer!“
Es handelt sich um eine bewusste Festlegung: Was sage ich, damit ich meine Botschaft auf den Punkt bringe? Dazu gehört auch das Wie, sprich: Stimmlage, Lautstärke, Geschwindigkeit, Betonung und Pausen im Redefluss.
Eines steht in jedem Fall fest: Reden kann man lernen. Wie sieht der Rhetorikexperte der Uni Salzburg die Lage? „Reden können alle lernen, die Grenzen des persönlichen Talents dazu sind meistens weiter als angenommen“, meint Stölzgen. „Einen guten Tipp hat angeblich Martin Luther formuliert: ,Tritt fest auf, mach’s Maul auf, hör bald auf.‘“
Das heißt, wenn man so will, auch in diesem Fall: Fokus auf die Körpersprache, selbstbewusst auftreten. Auf den Punkt bringen, was man sagen möchte. Und auch hier führt der Weg zurück zum Credo: Vorbereitung ist alles.