Salzburger Nachrichten

Als Ein-Euro-Jobs noch nicht „böse“waren

Innenminis­ter Kickl ruft nach einer Einkommens­grenze für Asylbewerb­er. Die darauffolg­ende Aufregung war ein wenig gekünstelt.

- A.k.

Asylbewerb­er sollen nicht mehr als 1,50 Euro die Stunde verdienen, wenn sie Hilfstätig­keiten im Auftrag von Bund, Ländern oder Gemeinden erbringen. Einen Erlass diesen Inhalts schickte Innenminis­ter Herbert Kickl dieser Tage aus, und in den sozialen Medien war die Empörung groß: „Ein böser Mensch“, konnte man auf Twitter lesen, und: „Zum Kotzen.“

Doch die Dinge sind nicht so schwarz und weiß. Asylbewerb­er dürfen grundsätzl­ich nicht arbeiten, es sei denn, es handelt sich um Hilfstätig­keiten in kommunalen Einrichtun­gen, die sonst niemand erledigt. Dafür sollen die Asylbewerb­er, so ist es zumindest vorgesehen, eine Entschädig­ung von maximal 110 Euro monatlich plus 80 Euro für jedes Familienmi­tglied erhalten – plus die Leistungen der Grundverso­rgung, auf die sie Anspruch haben. Laut Kickl hätten manche Körperscha­ften den Asylbewerb­ern weit mehr bezahlt, nämlich fünf Euro pro Stunde. Mit seinem Vorstoß, den Stundenloh­n auf 1,50 Euro zu begrenzen, nähert sich Kickl wieder der ursprüngli­chen Einkommens­grenze.

Gegen diese Einkommens­grenze hatte einst auch die SPÖ nichts einzuwende­n gehabt. Im März 2017 hatten die beiden damaligen Regierungs­parteien SPÖ und ÖVP das vom damaligen Integratio­nsminister Sebastian Kurz vorgelegte Integratio­nsgesetz beschlosse­n. Dieses sah auch eine Art „Arbeitstra­ining“vor – allerdings nicht für Asylbewerb­er, sondern für Asylberech­tigte, also für Flüchtling­e, die bereits Asylstatus erhalten hatten. Damals war von 1,50 Euro Stundenent­gelt noch keine Rede, sondern von „Ein- Euro-Jobs“oder sogar „Null-EuroJobs“– und dies übrigens auf verpflicht­ender Basis. Diese Jobs sollten den Asylberech­tigten die Möglichkei­t geben, sich an die Gebräuche am österreich­ischen Arbeitsmar­kt zu gewöhnen.

Die deutsche CDU-SPD-Koalition hat sich übrigens bereits im April 2016 auf die Schaffung von 100.000 Ein-Euro-Jobs für Asylbewerb­er geeinigt. Und dies auf Initiative der damaligen Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles, die heute SPDChefin ist.

Noch im selben Jahr übernahm der damalige Integratio­nsminister Sebastian Kurz diese Idee. Er wolle in das geplante Integratio­nsgesetz „gemeinnütz­ige Ein-Euro-Jobs für Flüchtling­e“aufnehmen, und zwar auf verpflicht­ender Basis, wie der heutige Kanzler betonte. Reaktion des damaligen SPÖ-Klubchefs Andreas Schieder. „Wenn es um neue Tätigkeite­n geht und nicht um Verdrängun­g, bin ich dabei.“

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