Zugewandtheit und Freundlichkeit: welch politische Substanz
Die neuseeländische Premierministerin überzeugt in der Krise mit ihrer Art des Führens. Davon bräuchte es mehr.
Wie die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern nach dem fürchterlichen Terroranschlag in ihrem Land, bei dem 50 Menschen ihr Leben verloren haben, ihre Führungsrolle gelebt hat, hat weltweit die Menschen beeindruckt. Einfühlsam, klar, entscheidungsfreudig, so hat die Welt die 38-Jährige in den vergangenen Tagen erlebt. Sie hat die richtigen Worte für die Opfer und die Menschen in ihrem Land gefunden, sie hat klargemacht, dass ihr Land und sie selbst sich von keinem Terror die eigenen Werte kaputt machen lassen, und sie hat mit einem neuen Waffengesetz dafür gesorgt, dass künftig ähnliche Terrorakte erschwert werden.
Szenenwechsel: In Straßwalchen wurde wie in zehn anderen Gemeinden in Salzburg die vergangenen zwei Wochen für Stichwahlen wahlgekämpft. In der Flachgauer Gemeinde trafen Liselotte Winklhofer und Tanja Kreer aufeinander. Mit gegenseitigem Respekt. Wie wohltuend war es, als Frau Winklhofer über Frau Kreer im SN-Interview sagte: „Was man mit ihr ausmacht, das hält auch.“Und diese über ihre Konkurrentin meinte: „Ihre Stärke ist die Hartnäckigkeit, wenn sie Projekte umsetzen will, das braucht man in der Politik.“
Warum reden rund um die Welt alle über Jacinda Ardern und die Art und Weise, wie sie mit dieser großen Katastrophe in ihrem Land umgeht? Warum freut es einen, wenn man ein Interview zweier Bürgermeister-Kandidatinnen liest, die einander mit Achtung begegnen und dies trotz ihres Ringens um Stimmen so auch ausdrücken?
Es ist diese andere Art von Politik, nach der sich viele sehnen. US-Präsident Donald Trump beschimpft die Franzosen, dass ihre Klimapolitik schuld an der Gewalt rund um die Gelbwesten-Demonstrationen sei. Putin sät mit digitaler Fehlinformation Zwist in Europa, heimische Politiker versuchen, regelmäßig zu spalten, an- statt das Gemeinsame für gute Lösungen zu suchen.
Wenn Wählerinnen und Wähler eine politische Führung schätzen, die mit Einfühlungsvermögen, Freundlichkeit und Entscheidungswillen agiert, warum bekommen sie das dann so selten? Jacinda Ardern hat bei einem Besuch in Deutschland auf die Frage, was ihr Rezept sei, gesagt: „Eine Politik der Zugewandtheit und Freundlichkeit.“Die letzten Tage in Neuseeland haben gezeigt, dass dies der Kern politischen Handelns sein kann, der selbst in den herausforderndsten und schwierigsten Momenten funktioniert. Frauen tun der Politik gut. Sie diskutieren in der Regel sachlicher als Männer, streiten weniger, sind lösungsorientierter und Krisensituationen, siehe Ardern, besser gewachsen. Die Welt bräuchte mehr Arderns, Kreers oder Winklhofers.