Israels bekanntester Spion ist tot
Berühmt wurde Rafi Eitan durch die Entführung des Naziverbrechers Adolf Eichmann aus Argentinien.
Die Mission wurde zum Vorbild zahlloser Einsätze israelischer Geheimdienste. Gotthilf Wagner, Anführer der etwa 4000 Mitglieder der deutschen Templer-Gemeinde im Heiligen Land, sollte beseitigt werden. Das stolze Mitglied der NSDAP war auch als „der kleine Führer“bekannt. Wagner hatte allen Deutschen verboten, in Palästina Grundbesitz an Juden zu verkaufen. Damit verhinderte er die Ausweitung Tel Avivs. Deshalb sollte er aus dem Weg geräumt werden.
Am 22. März 1946 brachte ein Team von 17 jüdischen Agenten Wagners Wagen in einer Geschäftsstraße der Weißen Stadt zum Stehen. Der Anführer des Teams ging zur Fahrertür, streckte einen Revolver ins Auto und tötete Wagner mit einem Kopfschuss. Im jungen Alter von 17 Jahren bestand Rafi Eitan so seine Feuertaufe als Berufssoldat. Wagner sollte nicht der letzte Nazi und Feind Israels sein, den Eitan zur Strecke brachte.
Am Samstag verstarb Eitan im Alter von 92 in Tel Aviv. Er war einer der letzten Vertreter von Israels Gründergeneration. Eitans bekannteste Mission als Agent war die Ergreifung des Naziverbrechers Adolf Eichmann in Argentinien.
Eitans zweitberühmtester Einsatz machte ihn umstritten. Denn er war für die Rekrutierung Jonathan Pollards verantwortlich, der die USA, Israels wichtigsten Verbündeten, ausspionierte. Als dieser entdeckt wurde, ließ Eitan ihn fallen. Die Pollard-Affäre belastet das bilaterale Verhältnis bis heute. Und in Israel haben viele Eitan den treulosen Umgang mit dem ergebenen Agenten in den USA nie verziehen.
Eitan kam 1926 im Kibbuz Ein Harod als Sohn russischer Einwanderer zur Welt. Schon in jungen Jahren stellte er seine Verwegenheit unter Beweis. Freunde nannten ihn „Rafi den Stinker“, in Erinnerung an einen Einsatz, in dem er sich durch Abwasserkanäle an eine britische Radarstation in Haifa herangepirscht und diese gesprengt hatte. Dies sollte es Schiffen mit jüdischen Flüchtlingen ermöglichen, die Küste des britischen Mandatsgebiets Palästina unbemerkt zu erreichen. Im Krieg wurde er mehrmals verletzt, verlor sein Gehör und einen Teil seines Sehvermögens.
In den 1950er-Jahren gründete Eitan das Einsatzkommando des Mossad, Israels Auslandsgeheimdienst. In dieser Funktion befehligte er 1960 die legendäre Verhaftung Adolf Eichmanns in Argentinien und dessen Verschleppung nach Israel. Der Eichmann-Prozess war ein Meilenstein in Israels Geschichte. Eitan bezeichnete den Einsatz als „eine meiner leichteren Missionen“. Der einstige SS-Obersturmbannführer Eichmann war ab 1939 mit verantwortlich für die Deportation der europäischen Juden in die NSVernichtungslager. Nach dem Krieg gelang ihm die Flucht aus einem US-Gefangenenlager. Der jüdische Geheimdienst Mossad spürte ihn schließlich in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires auf und brachte ihn nach Israel. Dort wurde er nach einem neunmonatigen Prozess im Mai 1962 hingerichtet.
Dank seiner Erfolge wurde Eitan in den 1980er-Jahren Chef des „Büros für wissenschaftliche Beziehungen“, das Waffensysteme befreundeter Staaten ausspionierte.
Im öffentlichen Leben spielte Eitan bis zuletzt eine umstrittene Rolle. Erst vergangenes Jahr löste der ehemalige Nazijäger in seiner Heimat Aufruhr aus, als er in einer Videobotschaft überraschend die deutsche AfD unterstützte.