Lieber Zahnbürsten als Autoteile
Es war ein Ausflug, der sich nicht gelohnt hat. Der Spritzgussspezialist M+C Schiffer in Adnet steigt als Zulieferer für die Automobilindustrie aus. Stattdessen investiert man nun kräftig in die Kernkompetenz des Werks: Zahnbürsten.
ADNET. Die Autoindustrie, sagt Karl Hofstätter, sei „ein Haifischbecken“. Als kleiner Zulieferer darin zu überleben sei praktisch unmöglich. Acht Jahre lang hat es der Spritzgussspezialist M+C Schiffer in Adnet dennoch versucht. Eigentlich auf die Produktion von Zahnbürsten spezialisiert, wollte man sich breiter aufstellen. 60 verschiedene Kunststoffkomponenten, hauptsächlich für Dieselmotoren, hat man „für so gut wie alle Automarken“erzeugt. Doch im Zuge des Dieselskandals habe sich der Preisdruck extrem erhöht, sagt Hofstätter. Letztlich sei klar gewesen: „Mit der Automobilindustrie verlieren wir mehr Geld, als wir gewinnen.“
Kurz vor Weihnachten 2017, Hofstätter war seit knapp einem Jahr Geschäftsführer, wurde der Vertrag mit dem Sublieferanten, an den man verkaufte, gekündigt. Heuer im Juni wird das letzte Motorenteil produziert. Die Anlagen werden an neue Lieferanten verkauft – nach Rumänien, Bulgarien, Portugal.
Parallel zum Abschied auf der einen Seite investiert man in Adnet nun allerdings wieder kräftig in den Ausbau der Kernkompetenz. Seit der Firmengründung im Jahr 1954 werden im Werk Zahnbürsten und Teile dafür produziert. Anfangs noch als Dr. Best, seit zehn Jahren unter dem Namen des deutschen Familienunternehmens Schiffer, das vom Teilhaber zum Eigentümer wurde. Schiffer betreibt vier Standorte für „Dental Care“-Produkte, zwei in Deutschland, einen in Goa in Indien und jenen in Adnet. In Summe komme man auf jährlich bis zu 500 Millionen Zahnbürsten, sagt Hofstätter. Zähneputzen, schmunzelt er, sei eben „krisensicher“. Und produziert werde de facto für alle namhaften Marken. Die Muttergesellschaft sei „extrem erfolgreich“.
Deshalb wird nun ausgebaut. Bis Herbst bekommt das Werk in Adnet drei neue Fertigungscenter, das erste steht kurz vor Inbetriebnahme. Je 2,5 Mill. Euro werden in drei neue Maschinen investiert, eine Mill. Euro zusätzlich fließt in Infrastruktur. 30 Millionen Handzahnbürsten pro Jahr sollen dann in Adnet produziert werden, mit den Kinderzahnbürsten, die man an Schulen und Kindergärten in Österreich und Deutschland liefert, erreicht man 35 Millionen Stück. Dazu kommen 74 Millionen Kunststoffteile für Elektrozahnbürsten – von der Insertkuppelung im Stiel bis zur Reisekappe zum Aufstecken.
Mit dem Ausbau der Produktion soll der Umsatz von jetzt sieben Mill. Euro auf neun Mill. wachsen. Ziel seien zwölf Mill. Euro, sagt der Chef. Dafür will man sich auch vergrößern und zwei Hallen dazubau- en. In Summe seien am Standort sechs Fertigungscenter möglich. Und zu den jetzt 50 Mitarbeitern sollen zehn weitere dazukommen.
Wie man Produktionen aufbaut, hat Hofstätter in der Skiindustrie gelernt. 16 Jahre lang werkte er bei Fischer, nach der Blizzard-Pleite sanierte er die Skifabrik in Mittersill, ehe man sie an die Tecnica-Gruppe verkaufte. Zuletzt arbeitete der 52Jährige für die Branche in der Zulieferindustrie. Irgendwann habe er das viele Herumreisen sattgehabt, erklärt er. Sesshaft werden und etwas Solides waren gefragt. Ein Haus in der Gaißau und Zahnbürsten erschienen das Richtige. Dass er nun wieder Gas geben und eine Produktion ausbauen dürfe, sagt Hofstätter, „ist wohl meine Bestimmung“.