Das Gehörzentrum liefert Signale
Forscher arbeiten weiter daran, Gedanken in Sprache zu übersetzen.
Hirnsignale in gesprochene Sprache zu übertragen ist einem Forscherteam nun recht gut gelungen. Die Signale stammten aus dem Hörzentrum des Gehirns und ergaben sich aus dem bewussten Hören von Gesprochenem. „Wir fanden heraus, dass Menschen die Klänge zu 75 Prozent verstehen und wiederholen konnten, was weit über alle vorherigen Versuche hinausgeht“, erklärte Studienleiter Nima Mesgarani von der Columbia University in New York City.
Die Forscher kombinierten ein Spracherzeugungssystem (Vocoder) mit einem tiefen künstlichen neuronalen Netzwerk, um Hirnsignale in gesprochene Sprache übertragen zu können. Einbezogen in die Untersuchung wurden fünf Patienten mit Epilepsie, deren implantierte Elektroden Signale aus dem Hörzentrum aufnehmen konnten.
Zunächst wurde das Spracherzeugungssystem trainiert. „Dies ist die Technologie, die von Amazon Echo und Apple Siri verwendet wurde, um unsere Fragen verbal zu beantworten“, erklärte Mesgarani. Allerdings bestanden die Trainingsdaten in diesem Fall nicht aus gesprochener Sprache, sondern aus den Hirnsignalen der Patienten in Reaktion auf gesprochene Sprache. Anschließend nutzten die Forscher ein umfangreiches Netzwerk aus künstlichen Neuronen, um den Sound des Spracherzeugungssystems zu analysieren und aufzubereiten. Als Ergebnis ist eine roboterhaft klingende Stimme zu hören, die Ziffern von Null bis Neun spricht. Mesgarani und Kollegen spielten die Ergebnisse, die aus den Hirnsignalen der fünf Epilepsiepatienten gewonnen worden waren, elf Testpersonen vor. Sie erkannten nicht nur die gesprochenen Wörter während 75 Prozent der Aufnahmezeit, sondern zu 80 Prozent auch, ob die sprechende Person männlich oder weiblich war.
Niels Birbaumer von der Universität Tübingen, der nicht an der Studie beteiligt war, dämpft die Erwartungen: „Im Grunde haben die Forscher nur die Reaktion des Gehirns auf einen äußeren Reiz aufgezeichnet.“Dies sei, auf andere Reize bezogen, grundsätzlich schon seit der Einführung der Elektroenzephalographie (EEG) im Jahr 1929 möglich. Um tatsächlich Gedanken eines Menschen in gesprochene Worte zu übertragen, seien vermutlich mehrere 1000 Elektroden im Gehirn notwendig. „Bei Gelähmten können wir ,Ja‘ oder ,Nein‘aus den Gehirnwellen herauslesen, aber keine Gedanken rekonstruieren.“
Testpersonen erkannten gesprochene Wörter