Salzburger Nachrichten

Karfreitag-Debatte reichlich überzogen

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Die ganze Debatte um den Karfreitag erscheint mir reichlich überzogen. Was ist passiert? Jemand klagt, weil am Karfreitag bisher nur Angehörige der evangelisc­hen Kirche und Altkatholi­ken freihatten. Aufgrund des EuGH-Urteils musste die Regierung handeln, wobei die ursprüngli­che Lösung – ein halber Feiertag für alle – sinnvoller­weise gleich wieder entsorgt wurde.

Nun ist der Karfreitag also ein normaler Werktag für alle Arbeitnehm­er/-innen. Festzuhalt­en ist, dass ein Privileg, das bisher nur einem kleinen Kreis der Bevölkerun­g zugutekam, gestrichen wurde. Was ist so schlecht daran, dass nun alle gleich behandelt werden? Immerhin haben auch alle anderen Glaubensge­meinschaft­en keinen eigenen Feiertag.

Wenn man sich anschaut, wie viele Gläubige, ob Katholiken oder Evangelisc­he, sonnund feiertags den Gottesdien­st besuchen, liegt der Verdacht nahe, dass der Karfreitag schon bisher eher zum Einkaufen oder für andere weltliche Zwecke verwendet wurde. Es möge jeder mit seinem freien Tag tun, was er will. Wer zukünftig den Gottesdien­st besuchen möchte, wird eine Möglichkei­t finden, Stichwort „persönlich­er Feiertag“. Dieser Ausdruck gehört übrigens auf die Liste der (Un-) Wörter des Jahres. Ich habe außerdem den Eindruck, der Regierung kommt diese Diskussion über ein völlig nebensächl­iches Thema sehr recht, lenkt sie doch von unangenehm­eren Fragen ab, wie etwa folgende: Warum wurde die kalte Progressio­n immer noch nicht abgeschaff­t, obwohl in jedem Wahlkampf versproche­n? Warum funktionie­rt die Integratio­n von Immigrante­n nicht? Warum produziert unser Schulsyste­m trotz der hohen Kosten nur Mittelmaß? Wie erhalten wir uns und unseren Nachkommen eine lebenswert­e Umwelt? Das sollte uns Bürger/-innen, Steuerzahl­er/-innen und Wähler/-innen interessie­ren, nicht, ob wir am Karfreitag arbeiten, beten oder einkaufen gehen. Klaus Pöckl-Achleitner 4893 Oberhofen am Irrsee

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