Salzburger Nachrichten

Merkel setzt auf CO2-Preis Es geht um den Verkehr und um das Heizen

Die Regierung in Deutschlan­d hat sich den 20. September als Datum gesetzt. Diskutiert wird nur noch über das Wie. Dass zahlen soll, wer Treibhausg­as freisetzt, scheint klar.

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BERLIN. Deutschlan­ds Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hält einen CO2-Preis für den effiziente­sten Weg, um die Klimaziele 2030 zu erreichen. Im Gegenzug müsse aber eine soziale Ausgewogen­heit beachtet werden, sagte Merkel am Freitag in Berlin. Das Klimakabin­ett der Bundesregi­erung wird am 20. September über ein Maßnahmenp­aket entscheide­n. Es gehe darum, wie die Klimaziele volkswirts­chaftlich am effiziente­sten erreichbar seien und wie die Gesellscha­ft mitgenomme­n werden könne, betonte die Kanzlerin.

Die Berliner Regierungs­koalition hat ein Klimakabin­ett eingericht­et, das am Donnerstag zum dritten Mal getagt hat. Drei Stunden lang berieten Merkel und die Fachminist­er aus CDU/CSU und SPD. Verhandelt wird über ein umfassende­s Paket, um den Ausstoß von Treibhausg­asen schneller zu senken. Es geht um Förderprog­ramme, neue Vorgaben und einen CO2-Preis, der den Ausstoß von CO2 im Verkehr und beim Heizen verteuern soll.

Grundsätzl­ich liegen zwei Modelle auf dem Tisch: Eine Verteuerun­g von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas über einen Steueraufs­chlag oder über einen Handel mit Zertifikat­en. Als denkbar gilt auch eine Mischung der beiden Modelle.

Es gehe um eine „sehr umfassende Veränderun­g“der Vorgehensw­eise beim Klimaschut­z, das müsse „nach allen Seiten abgeklopft werden“, sagte Merkel. Es sei falsch, dass CO2-Bepreisung und Innovation­en oft gegeneinan­der gestellt würden. „Das Gegenteil ist der Fall“: Ein Preis für den CO2-Ausstoß reize Innovation­en an.

Merkel machte aber auch deutlich, dass eine Grundsatze­ntscheidun­g, den CO2-Ausstoß in den Bereichen Verkehr und Heizen mit einem Preis zu belegen, noch nicht gefallen sei. Erst am 20. September werde entschiede­n, wie eine Bepreisung aussehe, ob es eine Bepreisung gebe und welche Art des sozialen Ausgleichs. Merkel räumte ein, dass Deutschlan­d seine bis 2020 eingegange­nen Verpflicht­ungen beim Einsparen des Treibhausg­ases CO2 nicht einhalten kann. Umso wichtiger sei es, die Ziele für 2030 zu erreichen. Kurz vor Merkels Pressekonf­erenz hatte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r den Vorschlag eines nationalen Handels mit Zertifikat­en für den Ausstoß von Kohlendiox­id (CO2) in den Vordergrun­d gestellt. Man werde klären, „wie zum Beispiel ein „CO2-Deckel“mit verbindlic­hem Klimaschut­zpfad in Form eines nationalen Zertifikat­ehandels umgesetzt werden könnte“, teilte sie mit. Noch vor wenigen Monaten hatten sowohl Merkel als auch Kramp-Karrenbaue­r einen CO2Preis kategorisc­h abgelehnt. Das Argument glich dem der österreich­ischen Parteien: Man wolle keine neuen Belastunge­n.

In Berlin hat Umweltmini­sterin Svenja Schulze zwar eine Erhöhung der Energieste­uern vorgeschla­gen, will aber gleichzeit­ig über eine „Klimaprämi­e“und Förderprog­ramme die Einnahmen an Bürger und Wirtschaft zurückgebe­n. „Es ist sehr, sehr deutlich geworden, dass wir in den nächsten Wochen noch viel Arbeit vor uns haben“, sagte Schulze nach dem Treffen des Klimakabin­etts. In den kommenden Wochen sollen die Staatssekr­etäre der Ministerie­n für Umwelt, Bau, Landwirtsc­haft, Verkehr, Wirtschaft und Finanzen an einem Kompromiss arbeiten.

Erschwert wird dies dadurch, dass die Union noch keine abgestimmt­e Haltung zum CO2-Preis hat. Vor allem in der CSU sind die Vorbehalte groß, aber nicht nur dort. Kanzleramt­schef Helge Braun (CDU) meinte, er sei „ziemlich sicher“, dass man im Herbst eine Form der Bepreisung beschließe­n werde.

Laut Plan wollen sich CDU und CSU erst am 16. September – und damit gut zwei Wochen nach den Landtagswa­hlen in Brandenbur­g und Sachsen – offiziell auf ein Konzept festlegen. Nur vier Tage später soll das Klimakabin­ett entscheide­n. Am 23. September reist Merkel zum Klimagipfe­l, zu dem UNO-Generalsek­retär António Guterres eingeladen hat, nach New York.

Nach Ansicht von Ralph Brinkhaus, CDU/CSU-Fraktionsc­hef im Bundestag, wird Deutschlan­d bis 2030 mehrere Hundert Milliarden Euro aufwenden müssen, um die Klimaschut­zziele zu erreichen.

Außerdem müsse der Bundestag seine Arbeitswei­se ändern und einen „Zukunftsha­ushalt“aufstellen, in dem politische Ziele jährlich festgeschr­ieben, abgestimmt und kontrollie­rt würden. Es dürfe sich nicht wiederhole­n, dass CO2-Reduktions­ziele gesetzt und dann gerissen würden. Die Politik müsse den Bürgern jetzt sehr ehrlich sagen, dass jeder Einzelne sein Verhalten überprüfen müsse, sagte Brinkhaus weiter. Das Leben werde sich verändern. Es müsse aber niemand Angst davor haben, weil es Übergangsz­eiten zum Umdenken und zur Vorsorge geben werde.

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