Salzburger Nachrichten

Deutschlan­d geht wieder voran

In Österreich dagegen besteht Klimapolit­ik aus Schlagwort­en.

- MARTIN.STRICKER@SN.AT

Manchmal verblüffen unsere deutschen Nachbarn. Bis vor wenigen Monaten war eine Bepreisung des Treibhausg­ases CO2 für die Christdemo­kraten nicht vorstellba­r. Dann kam die Europawahl. Dann kamen die Erfolge der Grünen. Und die Jungen ließen nicht ab von ihren Freitagsde­mos für das Klima.

Plötzlich startete die Koalition in Berlin los. Ein Klimakabin­ett aus Kanzlerin und Fachminist­ern soll bis 20. September ein Paket zur Verringeru­ng der Emissionen beschließe­n. Wissenscha­fter, Ökonomen, Beiräte legen beinahe im Wochentakt beratende Studien, Berechnung­en, Vorschläge vor.

Es ist in Gang gekommen, was Österreich noch fehlt: eine ernsthafte, vor allem sachlich kompetente politische Debatte über Klimaschut­z. Dabei scheint sich immer klarer herauszust­ellen, dass eine Bepreisung von CO2 der „effiziente­ste Weg“(Angela Merkel) ist. Wie dieser Preis nun seinen Markt findet, über eine Abgabe oder über das Modell des Emissionsh­andels, wird soeben abgeklopft. Der CO 2-Preis soll für den Verkehr gelten und für das Heizen, vielleicht sogar für das Kühlen. Die Industrie, auch die österreich­ische, ist bereits im Europäsche­n Emissionsh­andel zu Einsparung­en verpflicht­et.

Warum sich nun CDU/CSU einer CO2-Bepreisung annähern, liegt auf der Hand. In unserem marktwirts­chaftlich angehaucht­en System, das ja – vorerst noch – von niemandem infrage gestellt wird, ist der Preis der beste Anreiz. In diesem Fall ist er der beste Anreiz, unerwünsch­te Nebenwirku­ngen eines Produkts zu vermeiden, nämlich CO2.

Wer immer Autos baut, Heiz- und Kühlsystem­e verkauft, Gebäude plant, wird interessie­rt sein, seine Ware so preiswert und damit so attraktiv wie möglich zu gestalten. Das aber wird nur gelingen, wenn der CO2-Ausstoß möglichst gering ist. Ansonsten wird es teuer.

In Österreich aber fantasiert die ÖVP lieber von Wasserstof­f und die SPÖ von einer Fahrpreise­rmäßigung. Das Problem ist: Es fehlt die Expertise. Eingeübt ist nur die Ablehnung.

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Martin Stricker
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