Athen will Migranten zurückschicken
Die Auffanglager auf Samos und Lesbos sind überfüllt. Die Ankünfte aber sind wieder im Steigen. Nun soll das Abkommen mit der Türkei konsequenter umgesetzt werden.
ATHEN. Die neue griechische Regierung will die Missstände in den überfüllten Flüchtlingslagern auf den Ägäis-Inseln beseitigen. Vorerst aber drohen sich die Zustände zu verschlimmern, denn immer mehr Schutzsuchende kommen auf die Inseln.
Noch keine 48 Stunden im Amt, besuchte Giorgos Koumoutsakos, der griechische Vizeminister für Migrationspolitik, die Insel Samos. Sein Kollege Michalis Chrysochoidis, Minister für öffentliche Ordnung, inspizierte derweil Flüchtlingslager auf Lesbos. Beide Inseln sind Brennpunkte der griechischen Flüchtlingskrise. Sie liegen nur wenige Kilometer vor der türkischen Ägäis-Küste und sind die Hauptanlaufziele der Menschenschmuggler, die Kriegsflüchtlinge und Wirtschaftsmigranten in Schlauchbooten auf die Ägäis schicken. Die Lage in den so genannten Hotspots, wo die Ankommenden registriert werden und auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warten, ist katastrophal. Das Lager Moria auf Lesbos, in dem rund 6000 Männer, Frauen und Kinder hinter Gitterzäunen und Stacheldraht zusammengepfercht sind, hat weltweit traurige Berühmtheit erlangt. Auch das Camp Vathy auf Samos ist ein Schandfleck für Europa. 4200 Menschen hausen dort in Einrichtungen, die für 648 Personen ausgelegt sind. Das Elend in den Insellagern spiegelt die Unfähigkeit der griechischen Politiker und Behörden, den Schutzsuchenden eine menschenwürdige Behandlung angedeihen zu lassen. Koumoutsakos nannte die Zustände jetzt „unhaltbar“.
Sie könnten sich noch verschlimmern, denn der Flüchtlingsstrom schwillt wieder an: Im März kamen 1904 Menschen aus der Türkei auf die Inseln, im Mai waren es bereits 2651 und im Juni 3122. Der Trend: weiter steigend. Allein in der ersten Juli-Woche wurden mehr als 1000 Neuankömmlinge gezählt. Mit einem Sechs-Punkte-Plan will die neue Regierung die Dauerkrise bewältigen. Priorität hat die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Migranten in den Hotspots. Dazu gehört der Bau eines neuen, größeren Lagers auf Samos.
In Zusammenarbeit mit der EUGrenzschutzagentur Frontex will Griechenland die See- und Landgrenze zur Türkei stärker überwachen, um den Menschenschmugglern das Handwerk zu legen. Die Asylverfahren sollen beschleunigt werden. Die Überfüllung der Lager ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Bearbeitung der Asylanträge oftmals Jahre dauert. Die griechische Asylbehörde kann pro Jahr etwa 20.000 Anträge bearbeiten. Allein im vergangenen Jahr wurden aber 67.000 Anträge gestellt. Zwar schicken die Behörden besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus den überfüllten Insellagern auf das Festland, aber auch dort gibt es nicht mehr genügend Unterbringungsmöglichkeiten. Die neue Regierung will nun abgelehnte Asylbewerber zügig in die Türkei zurückschicken, wie es die Flüchtlingsvereinbarung der EU mit Ankara vorsieht. Die Vorgängerregierung hat diesen Punkt des Abkommens nicht konsequent umgesetzt. Seit Inkrafttreten im März 2016 schickten die Griechen nur knapp 2000 Migranten in die Türkei zurück – während allein seit Jahresbeginn mehr 21.000 Menschen von dort nach Griechenland kamen.