Salzburger Nachrichten

Mehr Lärchen und Tannen helfen Wald gegen Klimawande­l

Im Waldvierte­l setzt die Trockenhei­t dem Wald besonders stark zu. Wie die Bundesfors­te versuchen, aus dem Borkenkäfe­r-Paradies wieder widerstand­sfähige Ökosysteme zu machen.

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Bernhard Funcke hockt im Jungwald in einem Graben hoch über Senftenber­g im Kremstal und streicht mit der Hand über die weichen, buschigen Zweige einer Douglasie. Diese nordamerik­anische Kiefernart wächst gewaltig schnell, bis zu 60 Zentimeter im Jahr. „Sie ist Fluch und Segen zugleich“, sagt Funcke, Betriebsle­iter der Österreich­ischen Bundesfors­te im Forstbetri­eb Waldvierte­lVoralpen in Droß bei Krems.

Einerseits sei die Douglasie an geeigneten Standorten – saure Granitböde­n wie im Waldvierte­l sind okay, aber Kalk verträgt sie nicht – sehr gut, denn sie halte auch Sommertroc­kenheit gut aus, anderersei­ts „wächst sie alles zu“. Das heißt, andere Bäume wie Weißtannen, Ahorn, Eiche oder Buche hätten keine Chance gegen die Douglasie, betont der Forstfachm­ann. Daher müsse sie zum Teil herausgesc­hnitten werden, damit auch andere Bäume aufkommen können.

Was Funcke beschreibt, ist Teil der Strategie der Bundesfors­te, ihre Bestände gegen die Folgen des Klimawande­ls zu rüsten. Die Schlagwort­e dabei lauten: Vielfalt mit Mischwälde­rn statt Fichtenmon­okulturen, keine Kahlschläg­e mit anschließe­nder gleichförm­iger Aufforstun­g mehr, dafür eine Dauerwaldb­ewirtschaf­tung, bei der gezielt auf natürliche Verjüngung gesetzt wird. Denn wenn sich die Bäume, die sich an einem Standort bewährt haben, an Ort und Stelle vermehren, sei das am besten, erklären Funcke und sein Revierleit­er Martin Schönsgibl. Durch gezielte Auslichtun­g wird eine Art Stufenbau im Wald erreicht, sodass auch schattenli­ebende Arten wie die Tanne wieder wachsen können. Eichen, Lärchen oder Kiefern hingegen brauchen mehr Licht.

Die Zielsetzun­gen der ÖBf-Führung klingen danach, wie man vor vielen Jahrzehnte­n Forstwirts­chaft betrieben hatte. Die Auswirkung­en des Klimawande­ls zeigten, dass das Waldbaumod­ell, das hauptsächl­ich auf Fichtenbes­tände setzt, „nicht mehr funktionie­rt“, sagte Vorstandss­precher Rudolf Freidhager bei einer Exkursion in Droß. Die Bundesfors­te bewirtscha­ften mit 850.000 Hektar rund zehn Prozent des Waldes in Österreich.

In 80 bis 100 Jahren sollen die ÖBf-Wälder deutlich anders aussehen als heute. Zwar bleibt die Fichte die wichtigste Baumart, doch insgesamt wird ihr Anteil von rund 60 auf etwa 40 Prozent zurückgehe­n, also ein Drittel kleiner sein. Dafür sollen Lärchen mit 25 Prozent fast drei Mal so stark vertreten sein wie bisher, die Zahl der Tannen soll sich auf sechs Prozent verdoppeln und die nordamerik­anische Douglasie soll viel stärker untergemis­cht werden, insgesamt allerdings nicht mehr als 1,5 Prozent ausmachen. Die größten Veränderun­gen im Artenmix wird es in den trockenere­n Regionen im Norden und Osten Österreich­s geben. Inneralpin sind die größten Verschiebu­ngen zu viel weniger Fichte und viel mehr Lärche vorgesehen. Die Fichte werde aber „der Brotbaum der Forstwirts­chaft bleiben“, sagte ÖBf-Finanzvors­tand Georg Schöppl.

Freidhager verglich die Klimaerwär­mung mit dem Fieber bei Menschen. Zwei Grad seien nicht zu unterschät­zen: „Mit 39 Grad Körpertemp­eratur, etwa zwei mehr als normal, geht man als Mensch zum Arzt.“Die Baumgrenze werde um 200 bis 300 Höhenmeter steigen.

Der fehlende Niederschl­ag ist das stärkste Zeichen für den Klimawande­l in der Region Waldvierte­l. „Bis Mitte 2016 war der Niederschl­ag in Ordnung, seither ist es immer zu wenig. Heuer haben wir trotz Schnees im Winter und eines verregnete­n Mai gerade erst das Normalnive­au erreicht“, erläuterte Funcke.

Am besten mit der Trockenhei­t kommen gefürchtet­e Schädlinge zurecht, etwa der Buchdrucke­r und der Kupferstec­her aus der Familie der Borkenkäfe­r. Der Buchdrucke­r, eine der größeren Arten, geht vorwiegend auf ältere Fichten, der deutlich kleinere Kupferstec­her sucht sich kleinere Bäume mit weicherer Rinde. Das Männchen bohre zuerst ein Loch für eine „Rammelkamm­er“, erklärt Schönsgibl. Dann folgen mehrere Weibchen zur Paarung. Sie legen die Eier, die Larven fressen dann quer zur Stammachse des Baumes und graben der Fichte praktisch das Wasser ab. Ein gesunder Baum sauge Wasser auf und presse den gefräßigen Schädling mit seinem Harz hinaus. Ein Baum unter Trockenstr­ess hat dazu zu wenig Kraft.

In ganz Österreich gab es im Vorjahr 5,2 Millionen Festmeter Schadholz durch Käferbefal­l.

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Forstexper­te Bernhard Funcke mit Douglasien: Die Bundesfors­te setzen auf natürliche Verjüngung im Wald.
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