Und wie läuft Ihr Sommer so?
ICHmöchte an dieser Stelle mit einem weitverbreiteten Irrtum aufräumen: Es gibt kein Sommerloch. Jedenfalls nicht im Lokaljournalismus. Für den Bereich der Kinderbetreuung würde ich das nicht ausschließen, aber das wäre eine andere Geschichte. Schon seit Jahren, ach, was sage ich Ihnen, seit Jahrzehnten gibt es das lokaljournalistische Sommerloch nicht mehr. Ich bezweifle sogar, dass es das jemals gegeben hat. Warum sich die Mär davon immer noch hält, ist mir ein Rätsel. Wie so vieles, was mit unserem Job verbunden wird. Eine Reportage über Abkühlung suchende Menschen an heimischen Badeseen ist entgegen einer offenbar weitverbreiteten Annahme kein Vergnügen. Oder waren Sie schon einmal in bürotauglichem Outfit (wer weiß, was nachmittags für ein Termin dazukommt?) bei 35 Grad im Schatten zwischen Badenden unterwegs, um danach möglichst
schnell im überhitzten Auto ins Büro zurückzufahren? Eben. Jetzt kann man natürlich einwenden, dass ein Bericht über Hitze im Sommer das Gespenst des Sommerlochs auf durchaus lebendige Art und Weise wiedergibt. Bitte bedenken Sie: Wir berichten im Winter auch über Schneemassen – hat da schon jemals jemand von einem Winterloch gesprochen? Sie sehen schon, meine Argumentation ist schlüssig. Zurück zum Sommer: Haben Sie sich mitten im Hochsommer schon einmal freiwillig in die leicht überbevölkerte Getreidegasse begeben, um den italienischen Staatspräsidenten bei seinem Salzburg-Besuch zu begleiten – mit Tuchfühlung zu Mitgliedern der in Salzburg so beliebten Tagestouristen? Das sind Geschichten, die unseren Sommer ausmachen. Sie sehen: Politik und Kinderbetreuung mögen eine Sommerpause einlegen – wir nicht. Kein Loch weit und breit. Ich hoffe, diese Zeilen lesen auch jene PR-Experten, die uns mit Geschichten bzw. mit dem, was sie dafür halten, versorgen. Ich bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich für alle diese freundlichen Angebote, die vermutlich der Sorge entspringen, uns könnten die Themen ausgehen. Glauben Sie mir, das ist nicht so. Sonst hätten wir aus „Dancing Star Rosi W. lädt zum Tanz“oder „Urlaub: Fleisch und Rohwürste gehören nicht ins Gepäck“schon längst Doppelseiten füllende Geschichten gemacht. Aber ich gebe zu: Bei „Ein Gaisberg-Wein ist der beste Weißwein der Welt“habe ich kurz überlegt. Leider – und das ist oft das Dilemma der Recherche – hat sich schon beim Lesen der ersten Zeilen herausgestellt, dass der angesprochene, so rekordverdächtig fruchtbare Gaisberg im Waldviertel liegt. Ewig schade. Aber wer weiß? Vielleicht spült uns der Klimawandel irgendwann die Geschichte vom besten Weißwein der Welt in die Lokalredaktion. Prost!