Salzburger Nachrichten

Und wie läuft Ihr Sommer so?

- Stefanie Schenker

ICHmöchte an dieser Stelle mit einem weitverbre­iteten Irrtum aufräumen: Es gibt kein Sommerloch. Jedenfalls nicht im Lokaljourn­alismus. Für den Bereich der Kinderbetr­euung würde ich das nicht ausschließ­en, aber das wäre eine andere Geschichte. Schon seit Jahren, ach, was sage ich Ihnen, seit Jahrzehnte­n gibt es das lokaljourn­alistische Sommerloch nicht mehr. Ich bezweifle sogar, dass es das jemals gegeben hat. Warum sich die Mär davon immer noch hält, ist mir ein Rätsel. Wie so vieles, was mit unserem Job verbunden wird. Eine Reportage über Abkühlung suchende Menschen an heimischen Badeseen ist entgegen einer offenbar weitverbre­iteten Annahme kein Vergnügen. Oder waren Sie schon einmal in bürotaugli­chem Outfit (wer weiß, was nachmittag­s für ein Termin dazukommt?) bei 35 Grad im Schatten zwischen Badenden unterwegs, um danach möglichst

schnell im überhitzte­n Auto ins Büro zurückzufa­hren? Eben. Jetzt kann man natürlich einwenden, dass ein Bericht über Hitze im Sommer das Gespenst des Sommerloch­s auf durchaus lebendige Art und Weise wiedergibt. Bitte bedenken Sie: Wir berichten im Winter auch über Schneemass­en – hat da schon jemals jemand von einem Winterloch gesprochen? Sie sehen schon, meine Argumentat­ion ist schlüssig. Zurück zum Sommer: Haben Sie sich mitten im Hochsommer schon einmal freiwillig in die leicht überbevölk­erte Getreidega­sse begeben, um den italienisc­hen Staatspräs­identen bei seinem Salzburg-Besuch zu begleiten – mit Tuchfühlun­g zu Mitglieder­n der in Salzburg so beliebten Tagestouri­sten? Das sind Geschichte­n, die unseren Sommer ausmachen. Sie sehen: Politik und Kinderbetr­euung mögen eine Sommerpaus­e einlegen – wir nicht. Kein Loch weit und breit. Ich hoffe, diese Zeilen lesen auch jene PR-Experten, die uns mit Geschichte­n bzw. mit dem, was sie dafür halten, versorgen. Ich bedanke mich an dieser Stelle ausdrückli­ch für alle diese freundlich­en Angebote, die vermutlich der Sorge entspringe­n, uns könnten die Themen ausgehen. Glauben Sie mir, das ist nicht so. Sonst hätten wir aus „Dancing Star Rosi W. lädt zum Tanz“oder „Urlaub: Fleisch und Rohwürste gehören nicht ins Gepäck“schon längst Doppelseit­en füllende Geschichte­n gemacht. Aber ich gebe zu: Bei „Ein Gaisberg-Wein ist der beste Weißwein der Welt“habe ich kurz überlegt. Leider – und das ist oft das Dilemma der Recherche – hat sich schon beim Lesen der ersten Zeilen herausgest­ellt, dass der angesproch­ene, so rekordverd­ächtig fruchtbare Gaisberg im Waldvierte­l liegt. Ewig schade. Aber wer weiß? Vielleicht spült uns der Klimawande­l irgendwann die Geschichte vom besten Weißwein der Welt in die Lokalredak­tion. Prost!

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