Ein freches Kind der Altstadt
Düsseldorf. Unterwegs mit Heinrich Heine in seiner Heimatstadt.
Sohn, der jedoch nie etwas gegen seine Heimatstadt einwendete und sich „nicht nur von Geburt, sondern auch von Natur“als Rheinländer verstand. Erst 1988 war es so weit: Düsseldorf erhielt eine Heinrich-Heine-Uni und ein Bildnis des Dichters vor der Bibliothek. Da wirkt er so, als wolle er am liebsten verständnislos den Kopf schütteln. Die beste Adresse für Heine-Interessierte ist auf der Bilker Straße zu finden. Beim Besuch im Archiv, dem Museum oder der Bibliothek des Heinrich-Heine-Instituts, das als Forschungsund Gedenkstätte fungiert, kann man sich in das Werk des Dichters vertiefen.
Das Düsseldorf der Heine-Jahre wurde von Zeitgenossen als die angenehmste Stadt des Westens beschrieben, man lobte die „Wohlfeilheit des Lebens“in dem noch provinziellen Örtchen mit nur 29.000 Einwohnern. Einer, der den Ruf der Stadt um 1700 als Heimat der Künste begründet hatte, stand da schon auf seinem Sockel, Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz, den hier alle nur Jan Wellem nennen. Dem jungen Heine lief beim Anblick des Standbildes, das nur fertiggegossen werden konnte, weil die Düsseldorfer silberne Löffel gespendet hatten, das Wasser im Mund zusammen: „Und nun stand ich stundenlang vor dem Reiterbilde und zerbrach mir den Kopf: Wie viel Apfeltörtchen man wohl für all das Silber bekommen könnte?“
Düsseldorf hatte Mitte des 18. Jahrhunderts den Ruf einer Kunst- und Gartenstadt, das Schloss, an das nur noch der Alte Turm (heute Schifffahrtsmuseum und Café) an der Rheinpromenade erinnert, wurde das erste Museum der Stadt. Kurfürst Karl Theodor gründete hier die Zeichenschule, den Vorläufer der Kunstakademie, und die Bibliothek, in der der junge Heine so lang las, „bis ich mich vor nichts mehr, am wenigsten vor Damen ohne Kopf fürchtete“.
Er entwarf auch die nach ihm benannte Carlstadt, heute Kunst- und Antiquitätenviertel, und ließ die Schlösser Benrath, ein Rokoko-Gesamtkunstwerk mit Gärten und Wasseranlagen, und Jägerhof, Sitz des Goethe-Museums, im Hofgarten erbauen. Heine, der wegen seines richtigen Namens Harry dauernd gehänselt wurde, weil der Müllmann jener Tage seinen Esel mit dem Ruf „Haarüh“vorantrieb, liebte diesen Park.
Im Hofgarten, wo Heine die Namen seiner Freundinnen in die Parkbänke ritzte, verfolgte er im November 1811 den triumphalen Einzug Napoleons. „Und der Kaiser mit seinem Gefolge ritt mitten durch die Allee, die schauernden Bäume beugten sich vorwärts, wo er vorbeikam, die Sonnenstrahlen zitterten furchtsam neugierig durch das grüne Laub, neben mir drehte sich der tolle Alouisius und schnarrte die Namen seiner Generale, und ferne brüllte der besoffene Gumpertz, und das Volk rief tausendstimmig: Es lebe der Kaiser!“Die Narren Alouisius und Gumpertz kannte Heine aus dem Karneval. Zeit seines Lebens blieb er den Idealen der Französischen Revolution, die er in Napoleon verkörpert sah, treu.
Noch heute ist der weitläufige Hofgarten die grüne Lunge der Stadt, die ihre Vergangenheit als Industriestandort längst abgestreift hat. Die Parkanlage zieht sich von der Kunstachse mit diversen Museen, Tonhalle, Akademie und Opernhaus bis zur Königsallee, dem Boulevard der Stadt. Seit wenigen Jahren bietet der attraktiv geschwungene Kö-Bogen des Architekten Daniel Libeskind sozusagen das Entrée zur Konsum-City. Gegen so viel Kunst und Kultur hätte wohl auch der liberale Freigeist Heine nichts gehabt. Nur der Dialekt würde ihn heute noch stören. „In der Sprache der Düsseldorfer merkt man schon einen Übergang in das Froschgequake der holländischen Sümpfe.“Der Dichter blieb ihr jedoch auf seine Weise treu. Unter dem Pseudonym Sy Freudhold Riesenharf veröffentlichte er seine frühen Werke. Diese Buchstaben in anderer Reihenfolge ergeben nichts anderes als „Harry Heine, Düsseldorf“.