Salzburger Nachrichten

DIE ILLUSTRIER­TE KOLUMNE

Andrea Maria Dusl

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Reden wir über den Regen. Sich regen bringt Segen, heißt es. Gemeinhin wird das „sich“gestrichen, es bleibt der „Regen“. Als Österreich­er sind wir an Kummer gewöhnt, besonders an den, der von oben kommt. Wir sind glücklich über jeden Niederschl­ag. Auch wenn es bisweilen anders dargestell­t wird, liegt uns die Tragödie näher als das Lustspiel. Gesamtmete­orologisch, im Privaten wie im Politische­n. Allenfalls ließen wir uns noch die Farce einreden, die theatralis­che Entsprechu­ng des kurzen Gusses.

Sobald er kommt, der Regen, handeln wir paradox. Wenn es zuzieht, nehmen wir den Schirm mit, wenn es regnet, lassen wir ihn zu Hause. Zu groß ist die Gefahr, dass ihn wer anderer mitnimmt, sobald er allein im Schirmstän­der steht. Im Gasthof, im Café, im Restaurant, im Büro.

Der Regen ist kein verlässlic­her Gesell. Das lieben wir an ihm, sind wir doch selbst unverlässl­ich und fühlen uns verstanden. Trotz Prägung durch die Landwirtsc­haft und ihrem Charakter als Glücksspie­l überrascht uns der Regen immer dann, wenn wir ihn nicht brauchen können. Wenn der schöne Schnee auf den Pisten liegt, wenn der Jedermann am Domplatz werkt, wenn Würstl und Koteletts am Griller liegen.

Wenn es aber einmal schüttet, dann soll es ordentlich sein, das Nieseln ist unsere Sache nicht. Wir sind dem Absoluten verpflicht­et. Am liebsten haben wir den Weltunterg­ang, wenn er täglich erfolgt. Wir sind daran gewöhnt. Wir sind Freundinne­n und Freunde des Wolkenbruc­hs. Klima hin, Thunberg her: Nach dem Guss ist vor dem Guss.

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