„Druck muss verstärkt werden“
Quotenregelung, freiwillige Selbstregulierung und Co. Was braucht es wirklich, um mehr Frauen in die Chefetage zu bringen?
„Wir sehen, dass gesetzliche Quoten zwar den Frauenanteil in unmittelbar betroffenen Gremien erhöhen, die Gründe für die geringe Teilhabe von Frauen – zum Beispiel das männlich geprägte Rollenbild des Managers – aber nicht verschwinden“, sagt Heike Mensi-Klarbach vom Institut für Gender und Diversität in Organisationen, Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Die gesetzliche Quotenregelung für die Besetzung neuer Mandate im Aufsichtsrat gilt in Österreich seit 2018: Verpflichtende Zielvorgabe sind seither mindestens 30 Prozent Aufsichtsrätinnen. Das wiederum gilt allerdings nur, sofern der jeweilige Betrieb in einer Sparte mit mehr als 20-prozentigem Frauenanteil beheimatet ist und zumindest sechs Kapitalvertreter ansässig sind. Das trifft im Prinzip auf die wenigsten Unternehmen wirklich zu. Schaut man auf den Anteil an weiblichen Vorständen in börsenotierten heimischen Unternehmen, ist der Prozentsatz mit 4,9 noch äußerst gering. Woran kann das liegen, oder besser: Wie lässt sich das ändern? „Es braucht klare Ziele und die öffentliche Sichtbarkeit des Erfolgs, also ob diese auch erfüllt werden“, betont Mensi-Klarbach: „In Norwegen, dem Vorreiterland in Sachen Frauenquote, hat die Quote zwar für mehr Frauen in Aufsichtsräten gesorgt. In den Geschäftsleitungen der Unternehmen hat sich jedoch nichts getan.“Die Schlussfolgerung daraus: „Harte“Maßnahmen, wie eben die Quotenregelung, haben nicht zu einem nachhaltigen Kulturwandel in den Chefetagen geführt – daher untersuchte die WUForscherin, wie wirksam „weiche“Maßnahmen sind. Das heißt: Maßnahmen abseits von gesetzlichen Vorschriften.
Dabei wurden Veränderungen des Frauenanteils in Aufsichtsräten nach Implementierung unterschiedlicher Maßnahmen, wie freiwillige Selbstverpflichtung oder Zielgrößen, mit dem allgemeinen Trend verglichen. Außerdem wurden die Veränderungen im Rahmen der öffentlichen Diskussion rund um die Einführung der Quote in den Jahren 2010 bis 2012 mit dem Trend verglichen. Das Ergebnis? „Es zeigen sich signifikante Ergebnisse bei Zielgrößen gepaart mit öffentlicher Berichterstattung und bei öffentlichem Druck“, erklärt Mensi-Klarbach.
Während die Leitlinie im Österreichischen Corporate-Governance-Kodex mit der vagen Formulierung, Geschlechterdiversität „angemessen zu berücksichtigen“, keinen Effekt in Bezug auf die Besetzung zeigte, erhöhte sich die Zahl hingegen während der öffentlichen Diskussion rund um die Einführung der Frauenquote signifikant. „Freiwillige Selbstverpflichtung ohne beides (Berichterstattung und Druck, Anm.) wirkte nicht“, schlussfolgert die Wissenschafterin. Der Druck, der durch die festgelegten Ziele und die öffentliche Sichtbarkeit entstand, führte laut Studie bei Bundesunternehmen zur Nominierung von mehr Frauen.
Wie die WU Wien zutage beförderte, wirkt freiwillige Selbstregulierung ohne Druck in Österreich also nicht. Warum das so ist? Zu wenige Unternehmen glauben, dass es ihnen finanziell etwas bringt, mehr Frauen in Führungspositionen zu haben. Geschlechterdiversität werde (wider diverse Studien) nicht als Vorteil und Geschlechterhomogenität nicht als Nachteil wahrgenommen. Damit „weiche“Maßnahmen Wirkung zeigen, muss der Druck verstärkt werden.
Die Studienergebnisse eröffnen, dass in der Alpenrepublik über konkrete Zielgrößen und die transparente Kontrolle der Zielerreichung, aber auch durch die glaubwürdige Androhung einer gesetzlichen Quote ein Anstieg von Frauen erreicht werden konnte. „Weil ,harte‘ Quoten Widerstand und Umgehungsversuche hervorrufen und letztlich allein kaum einen nachhaltigen Kulturwandel bewirken können, stellen wirksame ,weiche‘ Maßnahmen eine sinnvolle Alternative dar“, erläutert Mensi-Klarbach.