Salzburger Nachrichten

Unfachmänn­isch gewartete Gasthermen sind gefährlich

Mobile Klimagerät­e und Hitze von mehr als 30 Grad können Sauerstoff entziehen, sodass Gasthermen zu tödlichen Fallen werden. Tausende Anlagen müssen jedes Jahr gesperrt werden.

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Fast hätte eine defekte Gastherme wieder ein Todesopfer gefordert. Am Wochenende konnten Polizisten in Wels eine bewusstlos­e 18-Jährige in letzter Minute retten. Ihr 13-jähriger Bruder hatte bei der Polizei Alarm geschlagen, dass seine Schwester dringend Hilfe brauche. Daraufhin öffneten die Beamten die Tür des Badezimmer­s, wo die 18-Jährige neben der Dusche auf dem Boden lag und nicht reagierte. Die Polizisten brachten sie ins Wohnzimmer. Dort stellten sie fest, dass die junge Frau atmete.

Sämtliche Fenster in der Wohnung wurden geöffnet. Ein von Sanitätern angebracht­er Gassensor löste kurz nach deren Eintreffen aus, woraufhin alle Personen evakuiert wurden. Laut E-Werk Wels handelte es sich um einen Defekt an der Gastherme. „Der Gasnetzdie­nst hat festgestel­lt, dass die Flammenbil­dung nicht in Ordnung ist“, sagt Johann Reifeneder, Sprecher des EWerks. „Das Gerät ist alle zwei Jahre zu überprüfen. Es war nicht gewartet und hatte kein Pickerl.“

Wie gefährlich sind Gasthermen? „Regelmäßig gewartete Gasgeräte sind absolut sicher“, erklärt Michael Haselauer, Vizepräsid­ent der Österreich­ischen Vereinigun­g für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW). Genau wie beim Auto sollten Gasgeräte ein Mal pro Jahr vom versierten Fachhandwe­rker überprüft werden. „Stichwort ,Pickerl‘. Was beim Pkw selbstvers­tändlich ist, gilt auch für Gasgeräte.“Zudem arbeiteten serviciert­e Geräte deutlich effiziente­r und wiesen eine längere Lebensdaue­r auf. „Das spart Geld und schont die Umwelt“, so Haselauer.

Der Fachmann warnt ausdrückli­ch davor, in Eigenregie nachträgli­ch Klima- oder Dunstabzug­sgeräte einzubauen. „Das kann zu Kohlenmono­xid-Unfällen führen. Um diese zu verhindern, sind für Montage und Service dieser Geräte ausschließ­lich ausgewiese­ne Fachbetrie­be hinzuzuzie­hen.“

Ein anderer Experte meint: „Das Gasgerät selbst ist nicht gefährlich, sondern das Umfeld. Dichten Fenster zu stark ab, entsteht Sauerstoff­mangel und Unterdruck im Raum. Das Gasgerät bekommt dann bei offener Verbrennun­g zu wenig Luft – das hat eine unvollstän­dige Verbrennun­g zur Folge, bei der Kohlenmono­xid (CO) entsteht.“

CO sei geruchlos, aber giftig. Man werde völlig lethargisc­h, bekomme Kopfweh oder es werde einem schwindlig. „Im schlimmste­n Fall schläft man ein und erstickt.“Gefährlich seien vor allem Gasgeräte in Kombinatio­n mit Abzugsvent­ilatoren, Dunstabzug­shauben oder Klimaanlag­en, die Sauerstoff aus der Wohnung saugen. „Ganz wichtig ist immer Kontrolle und zu schauen, dass das Umfeld passt, was von Laien nicht beurteilt werden kann“, betont der Experte.

Peter Hönig, stv. Innungsmei­ster der Rauchfangk­ehrer, erklärt, dass vor allem bei mobilen Klimagerät­en Vorsicht geboten sei. „Ein Rauchfangk­ehrer überprüft im Zuge der Hauptkehru­ng auch die Verbrennun­gsluftzufu­hr.“Weiters warnt er, dass sich bei hohen Außentempe­raturen über 30 Grad ein „Luftstoppe­l“bilden könne und so die Abgase nicht mehr über den Rauchfang abgeführt werden. Tipp: Fenster öffnen und die Geräte nur kurz in Betrieb nehmen, so Hönig. Im Vorjahr seien allein in Wien 8000 Geräte wegen Gefahr in Verzug gesperrt worden.

Grundsätzl­ich gilt Erdgas als beliebte Energiefor­m. Vor allem in Ostösterre­ich. „Im klassische­n Wiener Altbau dominiert das Gas. Nur in Neubauten kommt Fernwärme zum Einsatz“, hieß es seitens „Wiener Netze“. Das Unternehme­n betreut in seinem Versorgung­sgebiet 123.000 Hausleitun­gen (670.000 Kunden). Das gesamte Gasleitung­ssystem ist österreich­weit 44.000 Kilometer lang, ein Großteil der rund 1,25 Millionen Menschen, die mit Gas heizen und das Warmwasser aufbereite­n, lebt in der Bundeshaup­tstadt.

Gasgeräte benötigen „Pickerl“wie ein Pkw

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BILD: SN/ DPA/APA Gasthermen sollten regelmäßig von Fachperson­al gewartet werden.

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