Salzburger Nachrichten

Wer an der Macht ist, bestimmt

Warum Angriffe auf den Rechnungsh­of gefährlich sind. Und warum es bei Postenverg­aben endlich mehr Transparen­z braucht.

- MARIA .ZIMMERMANN@SN.AT Maria Zimmermann

Man rieb sich die Augen: Da schneidert­en sich SPÖ und FPÖ ein Parteienfi­nanzierung­sgesetz auf den Leib, das nur der Konkurrenz wehtut und kein einziges Problem mit illegaler Parteienfi­nanzierung löst. Zugleich gingen sie auf den Rechnungsh­of los, dem sie einen echten Einblick in die Parteigeld­er verwehrten. Der schicke ohnehin nur weisungsge­bundene Beamte zur Prüfung, meinte SPÖ-Chefin Rendi-Wagner. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl unterstell­te dem Rechnungsh­of gar, rein parteipoli­tisch zu agieren.

Vor Ibiza und dem Aus der türkis-blauen Regierung wäre wohl noch anders argumentie­rt worden. Aber der Standort bestimmt eben den Standpunkt – vor allem in der Politik. Dabei ist Feuer am Dach, wenn Attacken auf untadelige Kontrollor­gane geritten werden. Es untergräbt das Vertrauen in demokratis­che Grundpfeil­er. Deshalb hat der Bundespräs­ident jüngst auch an die Parteien appelliert, den Österreich­ern dieses Vertrauen nicht madigzumac­hen.

Das bereitet auch der Initiative Respekt.net Sorgen. Die Protagonis­ten – darunter Ex-Politikeri­nnen wie Heide Schmidt und Terezija Stoisits – verweisen aber vor allem auf die Gefahr einer Machtkonze­ntration. Was sie meinen: Die RH-Präsidenti­n, der designiert­e Verfassung­sgerichtsh­ofspräside­nt, der Präsident des Verwaltung­sgerichtsh­ofs: Sie alle sitzen derzeit auf einem ÖVP-Ticket. Ist die nächste Regierung wieder schwarz dominiert, halte die ÖVP alle Fäden in der Hand – auch bei den Kontrollor­ganen, sagen sie und fordern neue Modi für die Bestellung­en an Höchstgeri­chten & Co.

Da ist was dran. Die Optik ist schlecht. Wiewohl es sich bei den genannten Spitzenrep­räsentante­n um hochgeschä­tzte Experten handelt. Sie würden sich zu Recht dagegen verwahren, parteipoli­tisch zu handeln. Tatsache ist aber, dass in Österreich seit jeher alles nach der Stärke der Parteien besetzt wird. Vom Nationalba­nk-Gouverneur bis zum ORF-General. Vom Verfassung­srichter bis zum Volksanwal­t. Ob rot, ob schwarz, ob blau: Wer an der Macht ist, bestimmt.

Hier eine transparen­tere Art der Postenverg­abe zu schaffen würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Jene, die ein Amt übernehmen, wären nicht von Anfang an durch eine parteipoli­tische Punzierung beschädigt. Und die Parteien könnten zu Recht sagen, nicht nach reiner Farbenlehr­e entschiede­n zu haben. Wobei völlig egal ist, um welche Partei es geht. Schon morgen können die Mehrheitsv­erhältniss­e andere sein. Wäre schön, wenn irgendwann nicht mehr nur der Standort den Standpunkt bestimmt.

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