Salzburger Nachrichten

Neuer Bestellmod­us gefordert

Das Parlament soll bei der Bestellung der Spitzenpos­ten von Höchstgeri­cht oder Rechnungsh­of stärker eingebunde­n werden. Respekt.net regt Reformen bei den Kontrollor­ganen an.

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Derzeit schlägt die Regierung sechs der zwölf Verfassung­srichter vor, die andere Hälfte bestimmt das Parlament, wo die Regierungs­parteien im Regelfall über eine Mehrheit verfügen. Die zivilgesel­lschaftlic­he und überpartei­liche Initiative Respekt.net möchte das ändern. Künftig sollten nur noch vier Mitglieder des Höchstgeri­chts von der Regierung bestellt werden. Und statt wie derzeit je drei durch Nationalra­t und Bundesrat sollten es je vier sein – die aber mit einer Zweidritte­lmehrheit, was garantiere­n würde, dass die Opposition mehr eingebunde­n wird, wie Heide Schmidt, Mitglied der Initiative und einst Chefin des Liberalen Forums, am Dienstag sagte.

Auch für den Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH), den Rechnungsh­of und die Nationalba­nk fordert der Verein neue Regeln bei der Bestellung des Spitzenper­sonals. Begründet wird dies mit der aktuellen Dominanz der ÖVP, die aller Voraussich­t nach auch die nächste Regierung anführen wird. Es gehe um „Ausgewogen­heit, nicht um Hegemonie“, hieß es. Man müsse die Institutio­nen verteidige­n und „missbrauch­ssicher machen“, betonte Schmidt. Konkret kann man sich etwa auch beim VwGH mehr Mitsprache durch das Parlament vorstellen – zumindest beim Vizepräsid­entenposte­n, der ebenfalls vom Nationalra­t mit Zweidritte­lmehrheit gewählt werden sollte. Derzeit schlägt die Bundesregi­erung Präsidente­n und Vizepräsid­enten vor. Für den RH kann man sich ein Zwei-Personen-Direktoriu­m unter Einbeziehu­ng der Opposition vorstellen. Eine breitere politische Basis wünscht sich der Verein

Handlungsb­edarf, wenn nur eine Partei bestimmt

auch bei der Nominierun­g des Generalrat­es der Nationalba­nk.

Respekt.net-Gründer Martin Winkler verwies in der Pressekonf­erenz mit Schmidt, der ehemaligen Grün-Politikeri­n Terezija Stoisits und Vereinsprä­sidentin Bettina Reiter darauf, dass sich der Vorwurf der Machtkonze­ntration nicht gegen die jeweiligen Persönlich­keiten richte. Aber wenn Spitzenrep­räsentante­n der Regierung und der wichtigen Kontrollei­nrichtunge­n von einer Partei kommen, dann bestehe Handlungsb­edarf, sagte Winkler. Die ÖVP nannte er dabei nicht beim Namen. Auf der Wunschlist­e des Vereins, der sich seit rund zehn Jahren für Transparen­z einsetzt, steht weiters ein unabhängig­er ORF-Stiftungsr­at, der aus Medien- und Wirtschaft­sexperten besteht.

Bei der Parteienfi­nanzierung – ebenfalls einem Steckenpfe­rd der Initiative – wird eine Erweiterun­g des Parteienge­setzes gefordert, das Anfang Juli mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt beschlosse­n worden ist und weder jene Vereinstät­igkeiten untersagt, die Ex-FPÖ-Chef Strache als Möglichkei­t illegaler Parteienfi­nanzierung im berüchtigt­en Ibiza-Video nennt, noch mehr Kontrollre­chte für den Rechnungsh­of vorsieht. Respekt.net fordert echte Einschauun­d Kontrollre­chte und volle Transparen­z über alle Spenden, die an die Parteien gehen – und zwar umgehend.

Transparen­z ist auch gefordert, wenn es um Informatio­nen über die öffentlich­e Verwaltung geht. Seit Jahren pocht die Initiative auf die Abschaffun­g des Amtsgeheim­nisses (derzeit in Verfassung­srang) und ein umfassende­s Informatio­nsfreiheit­sgesetz. Die Gesetze würden immer noch von den Parlamenta­rieren beschlosse­n, betonte die Ex-Grüne Stoisits. Sie wünsche sich mehr Mut, Zutrauen und Vehemenz von den Mandataren.

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BILD: SN/APA Neue Regeln bei der Richter-Bestellung? Im Bild der designiert­e VfGHPräsid­ent Grabenwart­er.

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