Salzburger Nachrichten

Beim Schreddern lief die Kamera

ÖVP-Mitarbeite­r zerstörte mehr Festplatte­n als bisher bekannt.

- Mars

Fünf Festplatte­n aus dem Bundeskanz­leramt wurden drei Mal geschredde­rt. Das Ganze wurde mitgefilmt von einer Überwachun­gskamera – das Video wurde am Dienstag vom „Falter“veröffentl­icht. Die skurrile Causa „Schredderg­ate“ist damit um ein Kapitel reicher. In dem Fall geht es um einen Ex-Mitarbeite­r von Sebastian Kurz (ÖVP), der nach dem Ende der ÖVP-FPÖ-Regierung Daten aus dem Bundeskanz­leramt unter falschem Namen vernichten ließ. Kurz selbst verteidigt­e die Löschung von Daten nach einem Regierungs­wechsel als normalen Vorgang.

Tatsächlic­h müssen persönlich­e Aufzeichnu­ngen aus Ministerie­n nicht gespeicher­t werden. Aus dem Kanzleramt hört man allerdings, dass die Art der Löschung mehr als unüblich ist. Offiziell will man untersuche­n, ob interne Richtlinie­n zur Datenverni­chtung verletzt wurden. Weil die „Soko Ibiza“wegen möglicher Vernichtun­g von Beweismitt­eln ermittelt, will man sich dazu vorerst nicht weiter äußern.

Der ehemalige Kurz-Mitarbeite­r, der in der Social-Media-Abteilung arbeitete und mittlerwei­le in der ÖVP-Zentrale angestellt ist, hat am Dienstag seine digitalen Spuren aus sozialen Netzwerken gelöscht.

Zu Wort meldete sich der Chef der Firma Reisswolf, von der die Daten vernichtet worden waren: Siegfried Schmedler sprach von einem Vorgang, den man in der 25-jährigen Historie der Firma noch nicht erlebt habe. Denn der ÖVP-Mitarbeite­r wollte beim Schredderv­organg anwesend sein und die zerstörten Festplatte­n wieder mitnehmen. Er gab außerdem einen falschen Namen an. Weil er die Rechnung nicht gezahlt hatte, wollte die Aktenverni­chtungsfir­ma den Mann ausfindig machen. Ein Reisswolf-Angestellt­er soll den ÖVP-Mitarbeite­r schließlic­h bei einer Rede von Kurz im Fernsehen erkannt haben.

ÖVP-Mitarbeite­r wurde im Fernsehen erkannt

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