Salzburger Nachrichten

Ein melancholi­scher Abend mit Gamben und Laute

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Was verdanken wir nicht alles diesem katalanisc­hen Vollblutmu­siker Jordi Savall! Von Wiederentd­eckungen wie Martín y Solers „Una cosa rara“, einer Oper, die immerhin von Mozart zitiert wurde, bis zu den großen Entdeckung­sreisen in die Welt der von der spanischen Folklore angespitzt­en Alten (und meist tänzerisch inspiriert­en) Musik. Nie ist Jordi Savall ausgetrete­nen Pfaden gefolgt, immer war er der Erste, der Entdecker, der Vorreiter, der – wenn das bei Alter Musik statthaft ist – Avantgardi­st in musikalisc­hen Dingen. Zusammen mit der unvergesse­nen Montserrat Figueras gründete er 1974 das Ensemble Hespèrion XXI; Ende der 1980er-Jahre folgten die Capella Reial de Catalunya und Le Concert des Nations. Das Repertoire reicht von mittelalte­rlicher Musik bis zu Werken der Klassik, von folklorist­isch inspiriert­en Stücken bis zu geistliche­r Musik.

In den letzten Jahren wandte sich Savall verstärkt wieder den im engeren Sinn „klassische­n“Werken des geistliche­n wie weltlichen Genres des 16. und 17. Jahrhunder­ts zu. Ein Ergebnis dieser Rückbesinn­ung ist die Gründung des GambenCons­orts Hespèrion XXI, das sich der spanischen und sephardisc­hen Musik des 16. und 17. Jahrhunder­ts widmet und das nun in der Ouverture spirituell­e in der Salzburger Kollegienk­irche mit John Dowlands 1604 veröffentl­ichten „Lachrimae or Seven Tears“zu hören war. Das ist ein Werk, dessen melancholi­scher Duktus konzentrie­rtes Hören erfordert. Sozusagen als Belohnung gab es leicht fassliche Zugaben, die dem melancholi­schen Grundton der Musik Dowlands einen tänzerisch­en Widerpart zur Seite stellten.

Hespèrion XXI glänzte mit fünf meisterhaf­t gespielten Gamben und der von Rolf Lislevand beherrscht­en Laute und wusste zudem die kontemplat­ive Stimmung vergangene­r Zeiten zu erwecken. Jordi Savall war als Spieler an der Diskantgam­be mit von der Partie und leitete das Ensemble unspektaku­lär und im wissenden Vertrauen auf die Fertigkeit­en seiner Mitspieler. Beim Applaus ließ er ihnen wie immer bescheiden den Vortritt.

Das Resultat war ein leiser Abend, der sich gleichsam von selbst tosenden Applaus verbat. Der war dann bei den Zugaben des kleinen Ensembles umso besser aufgehoben.

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