Spezialzellen halten die Tinte von Tattoos lange in der Haut
Die gestochenen Körperbilder oder Schriftzüge zu entfernen ist nicht so einfach. Forscher aus Frankreich und Salzburg sehen aber einen neuen Ansatz für auflösende Mittel.
Zuerst kommt der Schmerz und Jahre später meist die Reue: Das Tattoo, das man sich stechen ließ, passt aus beruflichen Gründen nicht mehr oder die Haut, die es trägt, schrumpelt mit dem Alter und das einst so prächtige Körperbild sieht nun unästhetisch und peinlich aus. Mittlerweile ist jeder Fünfte über 16 Jahre in Österreich tätowiert. Die Bilder auf der Haut gehören zum Körperkult wie Schönheitsoperationen.
Was aber tun, wenn man das Tattoo nicht mehr haben möchte?
Manche Schönheitsmediziner und Dermatologen bieten die Lasermethode an. Die Wellenlänge des Laserlichts ist so abgestimmt, dass das Licht nur vom Farbstoff in der Haut aufgenommen wird. Die kurzen und intensiven Impulse zerlegen in mehreren Sitzungen die Farbpigmente, das Lymphsystem transportiert sie ab. Die dabei entstehende Hautkruste heilt ab. Narben und Flecken können zurückbleiben. Ob ein Tattoo mit dieser Methode verschwindet, hängt auch von den Farbstoffen ab. Blaue, schwarze und rote Farbstoffe lassen sich besser entfernen als orange, violette, gelbe und grüne.
Aus der Forschung kommt jetzt allerdings ein Hoffnungsschimmer, dass es in Zukunft ein Mittel geben könnte, mit dem sich die gestochenen Körperbilder besser entfernen ließen. Der Schlüssel dafür ist der Blick tief in die Haut hinein. In Kooperation mit französischen Immunologen in Marseille hat die Biologiedoktorandin Helen Strandt von der Universität Salzburg untersucht, welche Zellen dafür verantwortlich sind, dass die Körpermalereien dauerhaft auf der Haut bleiben.
Dafür muss man wissen, wie sich die Farbpigmente in der Haut verhalten. Das ist zum Großteil ungeklärt, wie die Universität Salzburg berichtet. Fest steht, dass beim Tattoo-Stechen die Tinte mit den Farbpigmenten durch die oberste Hautschicht (Epidermis) hindurch in die darunter liegende Dermis (Lederschicht) geht. Helen Strandt erklärt das: „Ein geringer Teil der TattooTinte bleibt in der Epidermis haften und wird innerhalb kurzer Zeit vollständig, etwa in der Form von bunten Flocken, abgeschieden. Fast die gesamte Tinte setzt sich in der Dermis fest und bleibt dort permanent erhalten.“
Bereits bekannt ist, dass die Tinte in der Lederhaut von den dort sitzenden Fresszellen aufgenommen wird. Die Arbeiten dazu kommen von den französischen Immunologen um Anna Baranska und Sandrine Henri aus dem Labor von Bernard und Marie Malissen am Centre d’Immunologie Marseille-Luminy in Marseille. Fresszellen gehören zum Immunsystem, sie gehören zu den weißen Blutkörperchen und dienen der Beseitigung von Krankheitserregern und Fremdstoffen. Sie sorgen für die zelluläre Abfallbeseitigung, indem sie körperfremde Partikel aufnehmen und auflösen. Da die Tintenpartikel jedoch anorganisches Material und zudem recht groß sind, können die Fresszellen sie nur einschließen. Fresszellen sterben allerdings irgendwann ab, aber sie machen dann eine Art von Staffellauf, wie Helen Strandt berichtet: „Nach dem Tod einer mit Tinte gefüllten Fresszelle nimmt genau an derselben Stelle eine neue Fresszellen die Tinte wieder auf. Das geht innerhalb von zehn Tagen, deshalb können sich die Pigmente nicht im Körper verteilen und durch Lymphflüssigkeit abtransportiert werden.“Das Tattoo bleibt stabil.
Bekannt ist zudem, dass die Farbpigmente sich im Lymphsystem als Nanopartikel dauerhaft ablagern können und je nach Struktur und Verunreinigungen toxisch sind. Bereits 2005 zeigte sich in Tierversuchen, dass sich Tattoo-Farben in den Lymphknoten anreichern
Helen Strandt hat nun im vom FWF finanzierten Doktoratskolleg „Immunity in Cancer and Allergy“an Mäusen herausgefunden, dass nicht nur Fresszellen, sondern auch Fibroblasten Tintenpartikel aufnehmen. Fibroblasten sind Bindegewebszellen. Sie sitzen in der Lederhaut und sind für die Stabilität und Elastizität der Haut verantwortlich. Unklar ist noch, wie sie an die Tinte herankommen.
Helen Strandt, die für ihre Arbeit mit dem Young Investigators Award 2019 der Universität Salzburg ausgezeichnet wurde, will weiterforschen. Ziel könnte sein, ein Mittel zu finden, mit dem sich die tintentragenden Zellen so attackieren lassen, dass sie die Tintenpartikel wieder von sich geben.
„Die Lasermethode ist ungenau, schwierig und oft ineffizient.“Helen Strandt, Biowissenschafterin